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Schwangere und Stillende am Arbeitsplatz schützen
Schwangere dürfen täglich nicht mehr als 8,5 Stunden arbeiten. Stressfaktoren wie Zeitdruck und körperliche Belastungen sollen sie vermeiden. © AdobeStock/SydaProductions

Recht : Schwangere und Stillende am Arbeitsplatz schützen

Die erste Regel zum Mutterschutzgesetz konkretisiert die mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung. Führungskräften kommt dabei eine wichtige Rolle zu.

Eine sichere Arbeitsumgebung für werdende und stillende Mütter erfüllt zwei wichtige Ziele: Zum einen sollen gesundheitliche Risiken für Schwangere, Stillende und das heranwachsende Kind ausgeschlossen werden. Zum anderen trägt Mutterschutz am Arbeitsplatz dazu bei, dass Arbeitgebende Schwangere und Stillende weiterbeschäftigen können.

Gesundheitsschutz und Teilhabe von schwangeren Frauen und jungen Müttern an der Erwerbstätigkeit soll demnach in Einklang gebracht werden. Dies wirkt der Diskriminierung von Frauen im Beruf entgegen. Unabhängig davon bleibt gültig: Acht Wochen vor der Geburt und sechs Wochen danach dürfen Frauen nicht beschäftigt werden.

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Zweistufige Gefährdungsbeurteilung für besseren Mutterschutz

Allerdings zeigt nun eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), dass das Gesetz nicht in allen Unternehmen und Einrichtungen konsequent umgesetzt wird. So gaben mehr als die Hälfte der befragten Frauen an, dass es in ihrem Betrieb keine Maßnahmen zum Schutz der Frauen gäbe. Außerdem überschritten mehr als die Hälfte der Befragten die wöchentliche und tägliche Höchstarbeitszeit.

Um die genannten Ziele noch besser zu erfüllen, wird das Mutterschutzrecht seit einigen Jahren reformiert. 2018 waren das neue Mutterschutzgesetz (MuSchG) und die Gründung des Ausschusses für Mutterschutz zwei wichtige Meilensteine. 2023 wurde ein weiterer erreicht: Der Ausschuss für Mutterschutz veröffentlichte die erste Regel zum Mutterschutzgesetz. Sie konkretisiert, wie Arbeitgebende die nach § 10 des MuSchG geforderte zweistufige Gefährdungsbeurteilung umzusetzen haben.

Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz erstellen

In vielen Fällen fehlte laut DGUV-Umfrage auch die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz. Für Führungskräfte im öffentlichen Dienst empfiehlt es sich, in der eigenen Einrichtung zu ermitteln, ob es für jede Arbeitsplatzart je eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung gibt. Wenn nicht, gilt es eine zu erstellen. Dies geschieht in zwei Schritten.

Erstens: anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung

Arbeitgebende müssen prüfen, ob und inwiefern die Arbeitsplätze ihrer Einrichtung für Schwangere oder Stillende ein Gesundheitsrisiko darstellen. Diese Beurteilung ist anlassunabhängig durchzuführen. Das heißt, ob eine Schwangerschaft oder Stillzeit in der Einrichtung bekannt ist, spielt keine Rolle.

Wenn Arbeitgebende bei dieser Gefährdungsbeurteilung unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für Schwangere und Stillende feststellen, sollten sie umgehend handeln. Der Gesetzgeber empfiehlt, erforderliche Schutzmaßnahmen zu definieren und umzusetzen, bevor eine Schwangerschaft bekannt wird. So schaffen Arbeitgebende die besten Voraussetzungen dafür, eine Frau während einer Schwangerschaft oder Stillzeit ohne Unterbrechung weiterbeschäftigen zu können.

Zweitens: anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung

Nachdem eine Frau eine Schwangerschaft oder Stillzeit mitgeteilt hat, müssen Arbeitgebende eine anlass- beziehungsweise personenbezogene Gefährdungsbeurteilung durchführen. Konkret bedeutet das, dass die in der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung festgesetzten Schutzmaßnahmen für Schwangere und Stillende zu überprüfen und, sofern noch nicht geschehen, umzusetzen sind.

Eine Illustration einer Frau, die sich an einen Schreibtisch lehnt. Sie hat eine Tasse in der Hand. Am Schreibtisch sitzt eine schwangere Frau mit Hijab und arbeitet am Computer.
© raufeld

Wissenswertes zum Mutterschutz am Arbeitsplatz

  • Wenn Arbeitsplätze und -bedingungen mutterschutzrechtlich gestaltet sind, spricht nichts gegen eine Weiterbeschäftigung von Schwangeren und Stillenden.
  • Wurde eine Schwangerschaft mitgeteilt, sollten Führungskräfte das Gespräch suchen, um Anpassungen des Arbeitsplatzes und der -bedingungen zu besprechen.
  • Aber: Wann Schwangere eine Schwangerschaft mitteilen, bestimmen sie grundsätzlich selbst. Im eigenen Interesse sollten sie dies allerdings nicht lange herauszögern.
  • Schwangere und Stillende müssen ihre Tätigkeit jederzeit kurz unterbrechen können, ohne dass dadurch gefährliche Situationen oder andere Nachteile für sie entstehen.
  • Auszuschließen sind zum Beispiel: Unverantwortbare Gesundheitsrisiken durch bestimmte Gefahrstoffe (z. B. krebserzeugende) sowie bestimmte physikalische Einwirkungen wie Lärm oder Vibrationen. Körperliche Belastung wie das Tragen von schweren Lasten, hohes Arbeitstempo (Akkordarbeit), langes, ständiges Stehen oder andere Zwangshaltungen

Schutzmaßnahmen für Schwangere und Stillende

Zunächst muss der Arbeitsplatz angepasst werden, um Gefährdungen zu vereiden. Darauf folgen Maßnahmen zur Umorganisation und erst dann persönlichen Schutzausrüstung, da letztere häufig insbesondere für Schwangere belastend ist. Wenn keine Schutzmaßnahme das Risiko senken kann, kommt der Wechsel des Arbeitsplatzes infrage. Nur wenn dies nicht geht, darf die Mutter oder werdende Mutter freigestellt werden.

Weitere Pflichten im Mutterschutz

Über die Gefährdungen am Arbeitsplatz hinaus müssen Führungskräfte noch andere Punkte des Mutterschutzes im Blick behalten. Beispielsweise darf die tägliche Arbeitszeit von schwangeren Frauen 8,5 Stunden nicht überschreiten. Auch sollten Zeitdruck, eine hohe Arbeits- und Aufgabendichte sowie starke körperliche Belastungen und lange Fahrtzeiten vermieden werden.

Das Mutterschutzgesetz sieht außerdem vor, dass schwangere Frauen über die üblichen Pausen hinaus ihre Arbeit unterbrechen dürfen – wenn es ihre Gesundheit erforderlich macht. Diese zusätzlichen Pausen gelten als Teil der Arbeitszeit. Unternehmen und Einrichtungen sollten Schwangeren für diesen Fall einen Rückzugsort zur Verfügung stellen.

Personalabteilung und betriebsärztlicher Dienst unterstützen

Des Weiteren sollten Führungskräfte bedenken, dass jede Schwangerschaftsphase besondere zu lösende Problemfelder hat. So geht die Frühschwangerschaft in vielen Fällen mit häufiger Übelkeit und Erbrechen sowie besonderer Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Gefahrstoffen und ionisierender Strahlung einher. In der späteren Schwangerschaft kommt es dagegen zum Beispiel zu einer eingeschränkten Fähigkeit zum Stehen, häufigem Harndrang und einem eingeschränktem Lungenvolumen. Im Zweifelsfall ist es besser, sich daher mit der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt abzustimmen. In rechtlichen Fragen kann auch die Personalabteilung helfen.