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Arbeiten in engen Räumen
Bereits vor dem Einstieg in den Schacht sind Vorkehrungen zu treffen, darunter eine Absicherung gegen Absturz. © DGUV

Arbeitssicherheit : Arbeiten in engen Räumen

Bei der Arbeit in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen sind Beschäftigte verschiedenen Gefahren ausgesetzt. Welche Schutzmaßnahmen Führungskräfte ergreifen müssen.

Arbeiten in umschlossenen Räumen wie Schächten, Silos oder Behältern gehören zu den gefähr­lichsten Tätigkeiten, bei denen Beschäf­tige verschiedensten Gefährdungen ausgesetzt sein können. Folgerichtig sind Führungskräfte verpflichtet, mittels Gefährdungs­beur­­tei­lung zu prüfen, ob es nicht auch ­an­dere ­Arbeitsverfahren gäbe – zum Beispiel, ob nicht auch von außen an ihnen gearbeitet werden könnte.

„Doch sind Abwasserleitungen verstopft oder müssen Absperrschieber an Rohren ge­wartet werden, lässt sich das Arbeiten in umschlossenen Räumen meist nicht vermeiden“, sagt Sven Jürgen Danneberg, stellvertretender Leiter des DGUV Sachgebiets Abwasser. Als Aufsichtsperson des Gemeindeunfallver­sicherungsverbandes Hannover kennt er die Arbeit in kommunalen Klär­anlagen und Abwassernetzen sehr gut.

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In Kanälen ist für Rettung in Notfällen kaum Platz

Die Gefahren für die Beschäftigten sind vielfältig. Da wäre zunächst der eingeschränkte Platz: Einstiegsöff­nungen in die Kanalisation haben oft nur Durchmesser von 60 Zentimetern. Doch auch Kanäle selbst dürfen erst ab einer lichten Höhe von 100 Zenti­metern begangen werden.

Das lässt kaum Platz zum Arbeiten. Und wenn etwas passiert, ist auch für die Rettung wenig Raum. Sichergestellt sein muss außerdem, dass maschinelle Einrichtungen wie Pumpen und Schwallspülein­richtungen außer Betrieb genommen wurden und gegen unbefugtes Wiedereinschalten gesichert sind.

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Mehr Informationen über die Gefahren in engen Räumen enthält die DGUV Regel 103-440 Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen.

Sauerstoffarmut, Gase und Dämpfe

Andere Gefahren sind nicht sofort sichtbar. Beispielsweise kann der Luftaustausch stark eingeschränkt und ­damit auch der Sauerstoffgehalt durch sauerstoffzehrende Prozesse niedrig sein. Faulgase, Benzindämpfe und andere gefährliche Stoffe, die zur Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre in engen Räumen führen können, werden oft zu spät ­bemerkt. Plötzlich eintretender Stark­regen birgt im Kanalnetz zudem das Risiko zu ertrinken.

Notfallrettung aus engen Räumen ist anspruchsvoll und sollte im Betrieb regelmäßig geübt werden.
Bei einer Rettung aus engen Räumen muss jeder Handgriff sitzen. Deswegen sollten diese regelmäßig geübt werden. © DGUV

Umschlossene Räume: So schützen Führungskräfte ihre Beschäftigten bestmöglich

Für die anstehenden Arbeitsaufgaben beurteilen die Führungskräfte die Gefährdungen und planen Schutzmaßnahmen. „Ich rate Führungskräften, Fachleute hinzuzuziehen, wie die Fach­­kraft für Arbeitssicherheit und die ­Betriebsärztin oder den Betriebsarzt“, sagt Danneberg.

Für den regelmäßigen Einsatz müssen Führungskräfte außerdem eine Betriebsanweisung oder Dienstanweisung erstellen, die die Gefährdungen und Schutz­maßnahmen auflistet. Darin wird auch eine Aufsicht führende Person benannt. „Sie prüft die Gegebenheiten vor Ort und weist die Beschäftigten vor dem Einsatz noch einmal ein“, so Danneberg. Für besondere Gefährdungen oder wenn betriebsfremde Unternehmen beauftragt werden, braucht es einen Erlaubnisschein, den auch die Aufsicht führende Person ausstellen kann.

Vor Tätigkeiten in engen Räumen Gefahrstoffmessung durchführen

Erste Schutzmaßnahme ist die Sicherung der Arbeitsstelle. Befindet sich beispielsweise der Einstieg ins Kanalnetz auf einer Straße, muss der fließende Verkehr mittels Leitbaken mit genügend Abstand an der Arbeitsstelle vorbeigeleitet werden. Zu- und Abflüsse sind zu verschließen – mittels Absperrgeräten wie zum Beispiel Rohrabsperrblasen oder mechanischen Rohrabsperrgeräten.

Es muss persönliche Schutzausrüstung zum Retten beziehungsweise gegen Absturz getragen werden. Wer zuerst einsteigt, muss bei Schächten ab einem Meter Tiefe mit einem Sicherheitsseil an einem Anschlagpunkt, zum Beispiel ­einem Dreibock mit Höhensicherungs- und Rettungshubgerät, gesichert werden. „So kann die angeseilte Person bei ­einem Notfall schnell in Sicherheit ­gebracht werden“, erklärt Danneberg.

Zudem muss der umschlossene Raum vom Schachteinstieg aus freigemessen werden. Nur wenn die Konzentration an Gefahrstoffen nicht zu hoch ist und der Sauerstoffgehalt wiederum hoch genug, kann der Einstieg beginnen. Gegebenenfalls müssen Lüftungsmaßnahmen getroffen werden oder die ­Person im Schacht ein Atemschutz­gerät tragen.

Checkliste

Aufgaben und Pflichten ­von Führungskräften, um Unfällen in engen Räumen vorzubeugen:

  • Gefährdungsbeurteilung erstellen
  • Betriebsanweisung für reguläre Arbeiten oder ­Erlaubnisschein für externe Dienstleister ­oder bei besonderen Gefährdungen erstellen
  • Aufsichtsführende ­Person bestimmen, die Beschäftigte einweist und vor Ort kontrolliert
  • Mindestens einmal im Jahr Beschäftigte unterweisen
  • Betriebsmittel regel­mäßig prüfen (Häufigkeit je nach Nutzung), ­ebenso die persönliche Schutzausrüstung Messgeräte nach ­Empfehlung des ­Herstellers warten
  • Mit betriebsärztlicher Unterstützung auf die Pflicht- und Angebots­vorsorge achten (Stichwörter Feuchtearbeit und Impfung gegen Hepatitis A)
  • Für den Notfall planen und Rettung organisieren
  • Einmal im Jahr Rettung üben

In umschlossenen Räumen Verbindung zum Sicherungsposten draußen halten

Während der Arbeiten wird mit einem Gerät weiter gemessen, das verschie­dene Gase erkennt und Alarm schlägt, sollten ­festgelegte Konzentrationen über- oder ­unterschritten werden. „Für bestimmte Tätigkeiten ist ein Selbst­retter vorgeschrieben. Doch es ist sinnvoll, ihn in jedem Fall mitzugeben“, rät ­Danneberg.

„Dank der Geräte gewinnen Beschäftigte notwendige Zeit, um sich bei Alarm aus der Gefahrenzone zu ­begeben.“ Die Beschäftigten müssen zudem Kontakt zur Außenwelt halten können – am besten durch Sicht- und Rufverbindung zum Sicherungsposten über Tage. Alleinarbeit ist bei Einsätzen in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen untersagt.

Doch bei aller Vorbereitung – nicht alle Gefahren lassen sich voraussehen. „Bei Abwasseranlagen weiß man nie, was da drin ist“, meint Danneberg. Zur persönlichen Schutzausrüstung ge­hören daher neben möglichem ­Atemschutz auch Handschuhe und eine Wathose, um den Kontakt zu ­Abwasser zu vermeiden.