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Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten
Multitasking ist auch zu Hause belastend. Beschäftigte sollten deshalb für eine ungestörte Arbeitsatmosphäre sorgen. © Getty Images/Lightfield Studios

Arbeitssicherheit : Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten

Wie kann die Arbeit im Homeoffice gesund gestalten werden? Andreas Stephan von der gesetzlichen Unfallversicherung gibt Tipps für Arbeitgebende und Beschäftigte.

Unter den Begriff Homeoffice fallen verschiedene Arbeitsformen. Es gibt die sogenannte Telearbeit und das mobile Arbeiten. Wo liegen die Unterschiede?

Bei einem Telearbeitsplatz handelt es sich um einen fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz im häuslichen Umfeld. Der Arbeitgeber ist für die Einrichtung dieses Arbeitsplatzes verantwortlich. Grundlage dafür sind die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung. Idealerweise sollte ein Telearbeitsplatz vergleichbar eingerichtet sein wie ein Bildschirmarbeitsplatz im Unternehmen.

Für die mobile Arbeit gilt die Arbeitsstättenverordnung nicht. Aber natürlich müssen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsschutzgesetzes beachtet werden. Das heißt zum Beispiel, auch für mobile Arbeitsplätze muss eine Gefährdungsbeurteilung gemacht werden.

In der Arbeitsschutzregel der Bundesregierung heißt es: „Homeoffice ist eine Form des mobilen Arbeitens. Sie ermöglicht es Beschäftigten, nach vorheriger Abstimmung mit dem Arbeitgeber zeitweilig im Privatbereich (…) für den Arbeitgeber tätig zu sein.“ Diese Phase hält jetzt schon lange an. Was bedeutet das für die Prävention?

Gerade über längere Zeiträume hinweg kann es durch ungünstige ergonomische Arbeitsbedingungen und Bewegungsmangel zu Beschwerden kommen. Die Folgen können zum Beispiel Rückenbeschwerden und muskuläre Verspannungen sein und durch Bewegungsmangel erhöht sich das Risiko für Erkrankungen wie Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes.

Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung müssen Arbeitgebende die mit der Tätigkeit im Homeoffice verbundenen Gefährdungen ermitteln. Danach sind Maßnahmen festzulegen, um diese Gefährdungen zu minimieren oder im bestem Fall gänzlich zu beseitigen. Bei der Umsetzung der Maßnahmen im Homeoffice ist es unbedingt erforderlich, die Beschäftigten zu beteiligen, da die Tätigkeit in ihrem Privatbereich ausgeübt wird. Informationen und Hinweise zum Homeoffice bietet die Themenseite der VBG.

Andread Stephan ist Leiter des Sachgebiets
Der Interviewpartner Andreas Stephan ist Leiter des Sachgebiets „Büro“ bei der gesetzlichen Unfallversicherung. © DGUV

Wie können Arbeitgebende bei gesunden und sicheren Bedingungen bei mobiler Arbeit unterstützen?

Arbeitgebende können ihre Beschäftigten im Homeoffice auf vielfältige Weise unterstützen: Es beginnt bei der Schaffung guter Voraussetzungen: Welche technischen Bedingungen muss es geben? Dann sollten gemeinsam klare Regelungen zu Arbeitszeiten, Arbeitspausen und Erreichbarkeit festgelegt werden. Auch sollten Arbeitgebende Hinweise zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung und Nutzung der Arbeitsmittel geben.

Die Kommunikation von Führungskräften und Beschäftigten im Homeoffice verändert sich. Worauf ist zu achten?

Es ist wichtig, dass alle Beschäftigten in die Kommunikation integriert bleiben. Dabei sollte die Kommunikation nicht auf ein einzelnes Medium konzentriert werden. Vielmehr sollten Informationen auf verschiedenen Kanälen ausgetauscht werden. Durch E-Mail, Telefon, Videokonferenz oder Chat sollte ein soziales Umfeld geschaffen werden. Hilfreich ist es auch, die Kommunikation nicht nur auf berufliche Dinge zu beschränken, sondern auch die „kleinen Kaffeepausen im Büro“ zu ermöglichen – zum Beispiel indem man sich zum Kaffee im Chat verabredet.

Homeoffice bedeutet Führung auf Distanz. Wie kann das funktionieren?

Führung sollte aktiv an diese Form des flexiblen Arbeitens angepasst werden. Es muss zwangsläufig ein Wechsel von direkter zu indirekter Steuerung erfolgen. Das kann Führungskräfte vor große Herausforderungen stellen. Wenn eine Führungskraft zum Beispiel ihre Hauptaufgabe in der Kontrolle der Beschäftigten sah, entsteht beim Wechsel zur Führung im Homeoffice ein unvermeidbarer Konflikt. Unternehmen sollten diese Problematik ansprechen und ihre Führungskräfte unterstützen im Umgang mit der neuen Situation.

Ziel sollte sein, ein neues Verständnis der Führungsaufgabe zu etablieren. Es geht nicht mehr darum, bei Problemen direkt mit neuen Vorschriften und Anweisungen zu reagieren, sondern gemeinsam im Team den besten Weg zu finden. Die Führungskraft nimmt dabei den Beschäftigten gegenüber keine kontrollierende Rolle ein, sondern sorgt im Team für Kooperation und die Koordination der jeweiligen Ziele.

Wie können Beschäftigte sich zu Hause ein gutes Arbeitsumfeld schaffen?

Sie sollten mit der Familie vereinbaren, dass sie zu bestimmten Zeiten bei der Arbeit nicht gestört werden. Multitasking führt auch zu Hause zu Belastungen. Das Arbeiten am Küchentisch sollte keine Dauerlösung sein. Zumindest sollte unter dem Tisch eine ausreichende Beinfreiheit zur Verfügung stehen um nicht in einer verdrehten Körperhaltung vor dem Computer zu sitzen.

Um die ergonomischen Bedingungen zu verbessern, sollte er oder sie das Notebook mit einer separaten Tastatur und Maus verwenden. Wichtig ist es auch einen Stuhl auszuwählen, der in der Höhe zum Arbeitstisch passt. Hinweise dazu geben wir auch in unserer Broschüre Arbeiten im Homeoffice.

Was passiert, wenn ich im Homeoffice einen Unfall habe, zum Beispiel über die Kabel des Laptops falle und mich verletze?

Grundsätzlich gilt: Ein Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit ist ein Arbeitsunfall und steht damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Maßgeblich ist dabei nicht unbedingt der Ort der Tätigkeit, sondern die Frage, ob die Tätigkeit in einem engen Zusammenhang mit den beruflichen Aufgaben steht – das Bundessozialgericht (BSG) spricht hier von der Handlungstendenz.

Das heißt, die Tätigkeit, die zu einem Unfall führt, muss darauf abgezielt haben, betrieblichen Interessen zu dienen. Diese Abgrenzung zwischen versicherter und unversicherter Tätigkeit ist aber gerade im Homeoffice nicht ganz einfach. Das ist auch der Grund, warum sich das Bundessozialgericht bereits mehrfach damit beschäftigt hat.