topeins 3/2021

D er Betreiber einer Corona- Teststelle verschafft sich mithilfe falscher Angaben unerlaubt Zugang in ein Ge­ bäude eines Gesundheits- amtes, um Beschäftigte zu beleidigen und zu beschimpfen. Was war pas­ siert? Das Amt hatte am Vortag eini­ ge Teststellen der Stadt aufgrund von Mängeln geschlossen, darunter auch seine. Der Betreiber fühlte sich unge­ recht behandelt und machte seinem Ärger auf solche Weise Luft. Dieser Vorfall, der sich in einer deut­ schen Großstadt ereignete, ist eines von vielen Gewaltereignissen an Arbeits­ plätzen des öffentlichen Dienstes. Be­ troffen sind zum Beispiel Beschäftigte in Jobcentern, Jugend- und Sozialäm­ tern, aber auch des Rettungsdienstes, der Feuerwehr und Kommunalpolitik. Unzufriedenheit über die Gesetzgebung kann eine Motivation der Täterinnen oder Täter sein. Andere haben exis­ tenzielle Nöte. „Viele unserer Kundin­ nen und Kunden wenden sich in einer großen Notlage an uns und brauchen ihre Leistungen so schnell wie möglich. Diesen Druck geben sie an unsere Be­ schäftigten weiter und überschreiten dabei manchmal eine Grenze. Es kann zu Beleidigungen und Bedrohungen kommen. Tätliche Angriffe sind bei uns jedoch Einzelfälle“, fasst Sven Slatosch, Leiter des Jobcenters München im Sozialbürgerhaus Mitte, die Situa­ tion zusammen. Ein Vorfall von Gewalt kann weitreichende Folgen haben Fest steht: Jegliche Gewalthandlung belastet. Betroffene Beschäftigte sind zum Beispiel verunsichert, ziehen sich zurück, vermeiden Orte oder be­ stimmte Tätigkeiten. Hohe Fehlzei­ ten und eine verringerte Produktivität können daraus resultieren. „In sehr schweren Fällen beobachten wir eine posttraumatische Belastungsstörung. Diese kann auch dazu führen, dass Be­ troffene nicht an ihren Arbeitsplatz zu­ rückkehren können“, erklärt Christian Pangert, Präventionsexperte der Ver­ waltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Solche Reaktionen sind bei Betroffenen selbst sowie bei Zeuginnen und Zeugen von Gewalttaten zu beobachten. „Eine Gewalttat kann sich auf die gesamte Or­ ganisation auswirken. Vielleicht gab es bereits ähnliche Vorfälle, aufgrund de­ rer Beschäftigte vorbelastet sind. Gewalt am Arbeitsplatz durch organisations­ fremde Personen hat viele Facetten. Für eine erfolgreiche Prävention greifen deshalb verschiedene Einzelmaßnahmen ineinander. VON ISABELLE RONDINONE >> 8% mehr Gewaltunfälle: Laut Arbeitsunfall­ bericht 2020 der Deutschen Gesetz­ lichen Unfallversiche- rung liegt die Zahl der gewalttätigen Über- griffe im öffentlichen Dienst bei 2.472 Fäl- len. Seit 2016 ist die Zahl um rund acht Prozent gestiegen. TITELTHEMA 9 3 | 2021 top eins

RkJQdWJsaXNoZXIy NTMzMTY=