topeins 3/2022

E s ist mir wieder eine große Freu- de, hier über einen aktuellen Trend aus den Verwaltungen der Republik zu schreiben. Gerade einmal vor 20 Jahren geisterte eben dieser Trend durch die Großindustrie, konnte sich aber meines Wissens damals nicht wirklich flächendeckend durchsetzen. Jetzt aber, wo plötzlich das Homeof- fice überall möglich geworden zu sein scheint, zeigen allerorts leere Büros, verwaiste Gänge und Gruppenräume quasi mit anklagendem Finger auf die Möglichkeit, dass ein Büroarbeitsplatz von mehreren Menschen geteilt und so Geld gespart werden kann. Als Psycho- login muss ich hier allerdings besorgt fragen: Was wird aus den Unmengen an Plüschtieren, Fotos, lustigen Postkarten, sorgsam gehegten Topfpflanzen, Spezi- altees und Süßigkeitenvorräten? Ich stellemir das so vor: Der oder die des persönlichen Arbeitsplatzes beraubte Mitarbeitende erscheint amArbeitsplatz und nimmt sich seine/ihre Arbeitsmate- rialien aus dem Schließfach. Alternativ rollt er oder sie mit dem Rollcontainer zum jeweiligenArbeitsplatz. Hierfür wird eine Buchungsplattformgenutzt, die lei- der noch in den ersten zwei bis drei Jah- ren ständig zusammenbricht oder Fehl- buchungen produziert. Nachdem mit Feste Arbeitsplätze gehören in vielen Unternehmen und Einrichtungen der Vergangenheit an. Imke König fragt sich, wie beim Arbeitsplatz-wechsel-Dich dennoch eine persönliche Note erhalten bleiben kann. der Kollegin, die sich aus Versehen auf den doppelt gebuchten Platz gesetzt hat, nach einer halben Stunde geklärt werden konnte, wer jetzt wo sitzen kann, wird Platz genommen. Die ergonomische Ein- stellung des Bürostuhls erfordert noch einmal fünf bis zehn Minuten, denn es fühlt sich fremd und falsch an. Eben nicht persönlich eingesessen. Doch es naht Hilfe aus dem Betriebli- chen Gesundheitsmanagement für das Wohlfühlgefühl: Die persönliche und tagesaktuelle Ausstattungsbox wird von einer ausgebildeten Fachperson zum Arbeitsbeginn vorbeigebracht. Zur Auswahl stehen die Boxen „Glitzer“, „Nüchtern“, „Verwöhnen“ sowie „Duft“. Die Box „Glitzer“ besteht aus Girlanden, glitzrigen Briefbeschwerern und Post- karten mit launigen Sprüchen. Vorrätig sind Themen wie „Hochzeit“, „Geburts- tag“, „Jubiläum“, „Bestandene Prüfung“ und ähnliche oder auch „Mein Chef .../ Meine Chefin ...“-Witze. Die Box „Nüch- tern“ enthält lediglich eine geschmack- volle kleine Skulptur und einen altmo- dischen Papierkalender. „Verwöhnen“, hinter vorgehaltener Hand auch „Ge- wichtszunahme-Box“ genannt, enthält haltbare Süßigkeiten, Kuchenteller und einen Massageball. Die Box „Duft“ um- fasst Duftkerzen, Duftspray und Duft- stäbchen sowie einSetWäscheklammern für die Nasen der Umgebung. Die Inhalte können dann liebevoll rund 20 Minuten aufgebaut werden, gehören aber natür- lich am Ende des Arbeitstages wieder zurückgegeben. Extra gebucht werden kann ein Set Topfpflanzen mit verschie- denen Akzenten, zumBeispiel „Wüste“, „Sichtschutz“ oder „Nutzpflanzen mit Ernteerfolg“. Ich rechne mal durch: Täglich 30 bis 60 Minuten Arbeitszeit. Aber das wird ja locker dadurch eingespart, dass keine Zeit mehr für Gespräche auf dem Flur oder in der Büroküche bleibt. Desksharing und persönliche Ausstattung Imke König ist Diplom- Psychologin, Psycho- therapeutin und Coach. In ihrer top eins -Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausge­ wogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement. Illustration: raufeld 30 SERVICE top eins 3 | 2022

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