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Bewegtes Arbeiten
Arbeit und Bewegung miteinander zu verbinden, ist gar nicht so einfach. Die in ihren Augen beste Methode nennt Kolumnistin ganz am Schluss. © Raufeld Medien

Kolumne : Bewegtes Arbeiten

Mit Steh-Meetings und Wackelstühlen unternehmen Organisationen alles Mögliche, um Beschäftigten Bewegung unterzujubeln. Imke König hat sich angeschaut, welche Methoden fruchten.
Imke König ist Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Coach. In ihrer top eins-Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausgewogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement, Illustration: Raufeld Medien
Imke König ist Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Coach. In ihrer top eins-Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausgewogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement. © Raufeld Medien

Früher war ja angeblich alles besser. Zum Beispiel wurde noch sehr hart körperlich gearbeitet, gehoben, geschleppt und gekniet. In einigen Berufen ist das bis heute der Fall und dort sehnt man sich eher selten nach noch mehr Bewegung.

Wo allerdings viel am Schreib- und Besprechungstisch oder in Videokonferenzen gearbeitet wird, wächst hingegen der Bauchspeck, die Muskulatur erschlafft allerorten oder verhärtet. Verzweifelt wird überlegt: Wie kann es gelingen, dass der Mensch sich dabei bewegt? 

Sport nach dem Feierabend

Ist es attraktiv, nach Feierabend Sportkurse unter dem Behördendach anzubieten? Im ländlichen Raum findet dies durchaus Zuspruch, wo es praktisch ist, das gleich an Ort und Stelle absolvieren zu können. Da wird sich auch schon einmal im Büro des Gesundheitsmanagements umgezogen, auf dem Land ist es eben kuscheliger.

Im städtischen Raum gibt es hingegen an jeder Ecke vielfältig ausgestattete Sportstudios, wo in anonymerer Atmosphäre in zu eng sitzender Sportkleidung geschwitzt und geächzt werden kann – dort werden Angebote auf der Arbeit nicht so gut angenommen. Eine raffiniertere Vorgehensweise ist gefragt.

Wackelige Sitzplätze

Kommen wir damit zu den Möglichkeiten der Arbeitsplatzausstattung: Denkbar wären wackelige Sitzplätze. Wer sich ständig ausbalancieren muss, trainiert ganz automatisch. Oder noch ausgefuchster die Idee, dass es gar keinen festen Arbeitsplatz mehr gibt und sich die Beschäftigten jeden Morgen mit ihrem Bürocaddy kilometerlang einen Raum und Platz suchen müssen.

Beladungsgewicht und Rollenbeweglichkeit der Caddies könnte man hier übrigens noch in verschiedenen Schwierigkeitsgraden verändern, sodass das Training wöchentlich gesteigert werden kann. Den Drucker weit weg zu stellen oder im Treppenhaus zu trainieren, sind ja mittlerweile schon gängige Vorgehensweisen.

Vielleicht doch den ganzen Tag stehen?

Besprechungen im Stehen sind hingegen noch eine zarte Pflanze, die sich von morgendlicher Gruppenbegrüßung im Flur erst noch zur konsequenten Methode gerade auch für längere Besprechungen auswachsen muss. Ein angenehmer Nebeneffekt könnte sein, dass Vielrednerinnen und -redner sich mehr disziplinieren und Wiederholungen wegen schmerzender Füße unterlassen.

Wo ich schon einmal von der schönsten aller Welten träume: Es gab wohl dereinst ein Unternehmen mit eigenen Physiotherapeutinnen oder einem -therapeuten für die Belegschaft. Eine Gegenrechnung mit eingesparten Krankheitstagen könnte sich durchaus lohnen.

Jeder Gang macht schlank

Kostengünstiger wäre die zu Unrecht als spießig und uneffizient gescholtene aktive Pause: Sportliches Fachpersonal kommt ein- bis dreimal die Woche an den Arbeitsplatz und führt kurze Übungen vor. Ich kenne keine Methode, die besser geeignet wäre, nicht nur die „worried well“ zu erreichen – also diejenigen, die sich sowieso schon genug bewegen.

Ganz verrückt wäre es hingegen, statt der Flurnachbarin oder dem Flurnachbarn eine E-Mail nach der anderen zu schicken, aufzustehen und rüberzugehen, um es ihr oder ihm einfach zu sagen. Bekanntlich zählt ja jeder Schritt mehr.