Tag für Tag wälzen sich zur Rushhour morgens und abends Blechlawinen durch die Innenstädte und über die Autobahnen. Mittendrin: Menschen, die sich über den Verkehr ärgern und die gestresst sind. Da passiert es schnell, dass Pendlerinnen und Pendler unaufmerksam sind oder Situationen falsch einschätzen. Andere sind kurz nach dem Aufstehen oder nach einem langen Arbeitstag müde und fallen in einen Sekundenschlaf. Und schon kommt es zum Unfall. Wie häufig Unfälle auf dem Weg zur Arbeit sind, zeigt etwa eine Umfrage der gesetzlichen Unfallversicherung unter 16- bis 25-Jährigen: 17 Prozent hatten schon einmal einen Wegeunfall, 31 Prozent waren bereits in einer gefährlichen Situation und 37 Prozent sind unkonzentriert oder abgelenkt – zum Beispiel durch das Smartphone.
Gefährdungsbeurteilung
„In welchem Maße eine Gefährdung besteht, hängt unter anderem von Arbeitsabläufen, Arbeitszeiten und deren Zusammenwirken sowie von psychischen Belastungen bei der Arbeit ab“, erklärt Dr. Sven Timm, Stabsbereich Prävention der DGUV. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind verpflichtet, das in einer Gefährdungsbeurteilung zu evaluieren. Viele individuelle Faktoren spielen eine Rolle, unter anderem die Länge des Weges, die Fahrtüchtigkeit des Fahrzeuges und das Fahrverhalten.
Um die Beurteilung zu erleichtern, haben der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR), die DGUV und die Friedrich-Schiller-Universität Jena das Online-Tool GUROM entwickelt. Auf gurom.de erhalten Betriebe Unterstützung bei der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen im Bereich Mobilität. Arbeitnehmende können ihre jeweiligen Risiken einschätzen lassen und erhalten direkt Vorschläge für passende Präventionsmaßnahmen.
Fahrtrainings lehren defensives Fahren
Fahrtrainings können Angestellten anschaulich vermitteln, wie sie Gefahren frühzeitig erkennen, vermeiden und im Notfall bewältigen. Einige Unternehmen integrieren zum Beispiel die Eco Safety Trainings des DVR in ihre Präventionsangebote. Darin wird vor allem das defensive Fahren vermittelt. „Defensives Fahren bedeutet, im Straßenverkehr zu agieren, anstatt zu reagieren, vorausschauend und gleichmäßig zu fahren, Abstände zu vergrößern und den Schwung auszunutzen“, erklärt Kay Schulte, Referatsleiter Unfallprävention – Wege und Dienstwege beim DVR. Auf diese Weise ließen sich Geschwindigkeitsschwankungen und die Fehler anderer intelligent ausgleichen. „Langzeitstudien in Unternehmen haben gezeigt, dass solche Trainings Haftpflicht- und Vollkaskoschäden, Fahrfehler sowie den Kraftstoffverbrauch deutlich senken können“, so Schulte.
Sicher mit dem Fahrrad unterwegs
Statistiken der DGUV zufolge gab es im Jahr 2016 mehr als 22.000 meldepflichtige Wegeunfälle mit Fahrrädern. „Auf Fahrrädern, Kleinkrafträdern und Mofas sind 2016 mehr Menschen ums Leben gekommen als im Vorjahr“, sagt Timm. Die Unfallkassen, Berufsgenossenschaften und der DVR haben deswegen das Seminar „Sicherheit für den Radverkehr“ entwickelt. Expertinnen und Experten des DVR vermitteln dabei in Betrieben und öffentlichen Einrichtungen, wie sich Gefährdungen mit dem Rad vermeiden lassen. Unternehmen können mit dem DVR auch die genauen Schulungsinhalte abstimmen.
Beschäftigte in technische Hilfsmittel einweisen
Auch technische Hilfsmittel können dazu beitragen, Unfälle zu vermeiden und Unfallfolgen zu mindern. Fahrerassistenzsysteme zum Beispiel greifen korrigierend ein, wenn der Abstand zum vorderen Fahrzeug zu gering wird. „Doch häufig ist Fahrerinnen und Fahrern die Sinnhaftigkeit und Arbeitsweise der Systeme nicht bekannt. Sie sind dann manchmal überfordert oder schalten die Fahrerassistenzsysteme sogar aus, weil sie nicht zu ihrer gewohnten Fahrweise passen“, berichtet Kay Schulte. „Verantwortungsvolle Unternehmen sorgen dafür, dass Beschäftigte mit den im Fahrzeug verfügbaren Systemen und ihren Funktionsweisen vertraut sind.“
Ähnliches gilt dem DVR-Experten Kay Schulte zufolge für Informations- und Kommunikationstechnologien, wie etwa Navigationsgeräte und Freisprechanlagen. „Diese können unterstützen, aber auch ablenken“, sagt er. Menschen mit Führungsaufgaben sollten deswegen den sicheren Umgang mit Informationsund Kommunikationstechnik vermitteln und vorleben. Verbindliche Regeln für die Erreichbarkeit sowie ausreichende Zeitvorgaben für das Weitergeben von Informationen können zu telefonfreien Autofahrten beitragen. Die sichersten Transportmittel sind jedoch unbestritten die Fahrzeuge im öffentlichen Nahverkehr. Daher:
Den Umstieg auf ÖPNV fördern
Bus, Bahn und Straßenbahn sind, statistisch gesehen, wesentlich sicherer als Pkw und Fahrrad (siehe Infografik). Vor allem in urbanen Regionen können Unternehmen ihre Angestellten mit vergünstigten Jobtickets für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dazu motivieren, den eigenen Pkw öfter einmal stehen zu lassen.
Sichere Fahrtwege auf dem Firmengelände
Gerade bei größeren Betrieben kann es auch auf Parkplätzen und firmeneigenen Wegen zu Unfällen kommen. Folgende Maßnahmen helfen dabei, das Unfallrisiko zu senken:
- Klare Verkehrsbeschilderung
- Fahrbahnmarkierungen, zum Beispiel Pfeile auf dem Asphalt, die Fahrtrichtung und Ausfahrt anzeigen
- Eigene Wege für Fußgänger, gegebenenfalls auch für Radfahrer
- Geschwindigkeitskontrollen – zum Beispiel können Betriebe Stichproben mit einem geliehenen Radarmessgerät durchführen
- Schulungen und Unterweisungen für die Beschäftigten
- Absicherung von Personenausgängen, die direkt auf eine Straße abgehen
Autor: Moritz Kohl