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Sicherer Fuhrpark, sichere Beschäftigte
Moderne Fahrerassistenzsysteme können beim Einparken helfen – und noch so einiges mehr. © Adobe Stock/fotohansel

Arbeitssicherheit : Sicherer Fuhrpark, sichere Beschäftigte

Fahrerassistenzsysteme könnten die Zahl der Unfälle halbieren und die Schwere der Verletzungen reduzieren: Führungskräfte sollten Fuhrparks mit elektronischen Assistenten ausstatten lassen.

Die Zahl der Verkehrstoten stieg 2018 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 85 Per­­sonen auf insgesamt 3.265 – ein Zuwachs von 2,7 Prozent. Das Ziel der Vision Zero, einer gemeinsamen Strategie der EU-Kommission und des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), nach der von 2010 bis 2020 die Zahl der Verkehrstoten halbiert werden soll, wird voraussichtlich weder in Deutschland noch in der EU erreicht. Denn dann müsste die Zahl der im Verkehr Getöteten in Deutschland unter 1.700 Personen sinken. Bis 2050 soll nach der Vision Zero „nahezu niemand“ durch Verkehrsunfälle sterben oder schwer verletzt werden.

Weitere Fahrassistenzsysteme erforderlich

Das ehrgeizige Ziel der Vision Zero wird sich nur realisieren lassen, wenn weitere Fahrerassistenzsysteme verpflichtend werden. Seit 1970 war die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland deutlich gefallen: von 21.300 auf 3.180 im Jahr 2017 – den niedrigsten Stand seit 1960. Auch die Zahl der Verletzten ging stark zurück. Trotz steigender Verkehrsdichte in Deutschland gibt es erhebliche Fortschritte bei der Verkehrssicherheit. Ein Grund dafür ist der verpflichtende Einsatz von Fahrerassistenzsystemen wie ABS und Notbremsassistenten im gewerblichen Verkehr.

Laut dem DEKRA-Sicherheitsreport 2016 kann jeder zweite Unfall vermieden oder in seiner Schwere reduziert werden, wenn alle Fahrzeuge mit elektronischen Assistenten ausgerüstet werden. Allen voran mit Systemen zur Fahrdynamikregelung, Notbremsung, Abstandhaltung sowie mit Spurwechselsystemen und Müdigkeitswarnern. Nach wie vor sind Unachtsamkeit und unangepasste Fahrweise die Hauptursachen für Unfälle.

Aktuelle Gesetzliche Vorgaben

Bereits jetzt bestehen verschiedene Regelungen für den Einsatz von Fahrerassistenzsystemen:

  • Das Anti-Blockier-System (ABS) ist das Fahrerassistenzsystem, das am frühesten verpflichtender Bestandteil wurde. Bereits seit Januar 1991 dürfen Lkw mit über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht und Busse mit mehr als acht Sitzplätzen nur noch mit ABS zugelassen werden. Die europäische Automobilindustrie hat sich selbst verpflichtet, seit Juli 2004 alle Pkw mit weniger als 2,5 t Gesamtgewicht serienmäßig mit ABS auszustatten.
  • Das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) ist für Nutzfahrzeuge mit Erstzulassung seit dem 01.11.2014 verpflichtend. Dies gilt auch für ältere Baureihen. Für neue Nutzfahrzeugtypen war in der EU der Einbau des ESP bereits seit dem 01.11.2011 verpflichtend.
  • Busse mit mehr als acht Sitzplätzen sowie Lkw über 3,5 Tonnen müssen mit Notbremsassistenten sowie Spurhalteassistenten ausgerüstet sein. Diese Regelung gilt für neue Fahrzeugtypen seit dem 01.11.2013 und für alle Neufahrzeuge seit dem 01.11.2015. Der automatische Notbremsassistent macht sich bei normalen Fahrten nicht bemerkbar und sollte daher keinesfalls abgeschaltet werden. Bisher ist das vorübergehende Abschalten während der Fahrt aber weiter gesetzlich zulässig – Verkehrsexperten kritisieren das.

Kommende Gesetzliche Vorgaben

Ab 2022 respektive 2024 sollen nach der im März 2019 erzielten Einigung der EU-­Gesetzgeber auch folgende Sicherheitsmerkmale verpflichtend sein:

  • Spurhalteassistent (Pkw und leichte Nutzfahrzeuge)
  • Warnung vor Müdigkeit oder Ablenkung, etwa bei Smartphone-Nutzung am Steuer (Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, Lkw, Busse)
  • Notbremsassistenzsystem (Pkw)
  • Erkennung von Personen im toten Winkel, Verbesserung der Direktsicht (Lkw, Busse)

Was bewirken die zusätzlichen Assistenzsysteme?

Ein System, das bereits jetzt zunehmend eingesetzt wird, ist der Spurwechselassistent. Kommt es beim Wechsel in eine andere Fahrspur zu gefährlichen Situationen – etwa wenn der Sicherheitsabstand nicht eingehalten oder ein anderes Fahrzeug im toten Winkel übersehen wird –, meldet sich der elektronische Helfer bei Betätigung des Blinkers. Da es auf Autobahnen häufig zu unachtsamen oder fehlerhaften – und damit bedrohlichen – Überholvorgängen kommt, bietet dieser Assistent zusätzliche Sicherheit für Verkehrsbeteiligte. Auch wenn er vom Gesetztgebenden erst ab 2022 verbindlich vorgeschrieben ist, sollten Fahrzeuge schon jetzt mit diesem Assistenten ausgestattet sein.

Abbiegeassistenten warnen Lkw-Fahrende, wenn sich beim Abbiegen Personen zu Fuß oder auf dem Rad nähern: Es gibt Systeme mit Sensoren auf Ultraschall- oder Radarbasis oder solche, die optoelektronisch Objekte und Personen erkennen. Dabei werden die Fahrerinnen und Fahrer des Lkw durch ein optisches Signal auf der Beifahrerseite gewarnt. Wenn eine Kollision droht, ertönt ein zusätzliches akustisches Signal. Beim Abbiegen von Lkw kommt es immer wieder zu schweren, häufig tödlichen Unfällen und zu gravierenden psychischen Folgen für die Lkw-Führenden (siehe 5/2018, S. 14). Neue Lkw und Busse sollten daher schon vor 2024 auf freiwilliger Basis mit diesem Assistenten ausgestattet werden. Ebenso wichtig ist das Nachrüsten vorhandener Fahrzeuge mit dem Abbiegeassistenten.

Das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) hat die Aufgabe, das Fahrzeug in schwierigen Situationen in der Spur zu halten und ein Unter- oder Übersteuern zu vermeiden. ESP kommt vor allem bei schlechten Straßen- und Wetterbedingungen zum Einsatz. Dabei greift das System mit Unterstützung des ABS in die Brems- oder Motorleistung ein.

Beim Fahrerassistenzsystem Adaptive Cruise Control (ACC) ist ein Tempomat mit enthalten. Mit Hilfe von Sensoren wird geprüft, wie groß der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug ist. Wird der Abstand zu klein, bremst ACC automatisch ab. Ist dagegen kein Hindernis vorhanden, beschleunigt das System auf die eingegebene Geschwindigkeit. Auffahrunfälle können so vermieden werden.

Autor: Mathias von Hofen

Unterstützende Maßnahmen der gesetzlichen Unfallversicherungen

Unter der Schirmherrschaft des Deutschen Verkehrssicherheitsrates werben verschiedene Unfallkassen und Berufsgenossenschaften sowie die DEKRA und der Automobil Club Verkehr (ACV) mit der Onlinekampagne „Bester Beifahrer“ für Fahrerassistenzsysteme. Dabei unterstreichen die Initiatoren, wie Fahrerassistenzsysteme die Fahrsicherheit erhöhen.

Weiterführende Informationen

Das Resümee der wissenschaftlichen Begleitung zur Aktion „Sicher. Für Dich. Für Mich.“ der BG Verkehr gibt es unter ruv-blog.de

Welches Neufahrzeug bereits mit welchen Assistenten ausgestattet ist, listet die Website zur Kampagne „Bester Beifahrer“ in einer filterbaren Datenbank.