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Mit Rückendeckung im Einsatz
Damit Rettungskräfte ihre Tätigkeit ungehindert ausführen können, ist auch die Zusammenarbeit mit der Polizei sinnvoll. © Picture Alliance/dpa/Boris Roessler

Arbeitssicherheit : Mit Rückendeckung im Einsatz

So schaffen Führungskräfte die richtigen Rahmenbedingungen, um Einsatz- und Rettungskräfte auf Großveranstaltungen besser vor Gewalt zu schützen.

Vierkirchen, 2019: Auf einem Faschingsumzug werden zwei Sanitäterinnen zu einem Einsatz gerufen. Ein Mann sei verletzt, er brauche dringend Hilfe. Die beiden Frauen bahnen sich ihren Weg durch die Menschenmenge, bis sie schließlich den sichtlich angetrunkenen 38-Jährigen erreichen. Zunächst scheint alles normal.

Die beiden Sanitäterinnen behandeln den Mann. Plötzlich schlägt er einer der beiden Frauen mit der Faust ins Gesicht, die andere verletzt er durch einen Biss. Die Beschäftigten müssen in einer nahen Klinik versorgt werden.

Mehr Straftaten gegen Rettungskräfte

Leider sind solche Zwischenfälle bei Einsätzen inzwischen üblich – und auch die Corona-Pandemie hat die Situation nicht verbessert. Im Gegenteil: Immer häufiger sehen sich Beschäftigte der Feuerwehr und von Rettungsdiensten auf Großveranstaltungen mit Anfeindungen und Gewalttaten konfrontiert.

Für das Jahr 2020 registrierte die Polizeiliche Kriminalstatistik insgesamt 2.962 Straftaten für ebendiese Berufsgruppen. Zum Vergleich: 2012 lag die Zahl noch bei 1.485, was ein Anstieg um rund 50 Prozent bedeutet.

Tipp zum Weiterlesen

Konfrontationen geraten schnell außer Kontrolle. Die DGUV Information Prävention von und Umgang mit Übergriffen auf Einsatzkräfte der Rettungsdienste und der Feuerwehr hilft Führungskräften dabei, ihr Team besser vor Gewalt zu schützen.

Gefährdungsbeurteilung vor jedem Einsatz

Auch Führungskräfte müssen sich auf die angespannte Lage einstellen. Schließlich sind sie für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten verantwortlich – das gilt sowohl für Angestellte als auch ehrenamtlich Tätige. Doch Gewaltprävention auf Großveranstaltungen ist keine leichte Aufgabe, weil sie wenig planbar und teils durch Extremsituationen geprägt sind.

Bereits im Vorfeld gilt es möglichst viele Faktoren auszuschließen, die Unmut und Stress verursachen können. Dazu ist eine Gefährdungsbeurteilung vor jedem Einsatz unabdingbar. Sie ermittelt die spezifischen Gefährdungen und auf welche Weise Beschäftigte am besten vor ihnen geschützt werden. Dies kann sich unter anderem je nach Veranstaltungstyp, Anzahl der Teilnehmenden oder Veranstaltungsort unterscheiden.

Erfahrungsaustausch sensibilisiert für Gefahren

Um die Gefährdungslage adäquat einschätzen zu können, empfiehlt sich ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen Einsatz- und Rettungskräften, Verantwortlichen der Kommune und den Veranstaltenden. Am runden Tisch planen sie unter anderem gemeinsame Übungen von Übergriffen, besprechen vergangene Vorkommnisse oder vereinbaren, wie sich Akteurinnen und Akteure bei akuter Gefahr untereinander austauschen.

Dies ist zum Beispiel notwendig, wenn polizeibekannte Personen auf Veranstaltungen auftauchen. Für diesen Zweck sollten Kommunen eine koordinierende Stelle einrichten. Da Kommunen Großveranstaltungen genehmigen, sind sie für die Sicherheit verantwortlich.

Gewalt am Arbeitsplatz verhindern

Gewalt am Arbeitsplatz durch organisationsfremde Personen ...

Auf die Ausrüstung muss im Notfall Verlass sein

Mit sogenannten Standardeinsatzregeln legen Führungskräfte unter anderem die Aufgabenverteilung in bestimmten Situationen fest. Bei Übergriffen ist beispielsweise ein verschlüsselter Notruf an die Leitstelle abzugeben. Diese entscheidet wiederum, ob sie eingreift oder einen Rückzug anordnet.

Schnelle Absprachen und effektive Teamarbeit gelingen jedoch nur mit einer zuverlässigen Kommunikationstechnik, etwa mit digitalen Funkgeräten. Sie ermöglichen Kommunikation zwischen Einzelpersonen sowie GPS-Ortung. Die Qualität der Ausrüstung ist auch in anderen Zusammenhängen entscheidend: Stich- und schusshemmende Schutzwesten schützen beispielsweise vor Verletzungen.

Ebenfalls wichtig für die Gewaltprävention sind qualifizierte Beschäftigte, etwa durch Schulungen in kommunikativen und interkulturellen Kompetenzen. Aber auch Kenntnisse über geltendes Recht, zum Beispiel über Notwehr.

Aktionsbündnis gegen Gewalt

Das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (IM NRW) entwickelte unter anderem gemeinsam mit der Unfallkasse NRW einen Fünf-Punkte-Aktionsplan, um die Gewalt gegen Einsatzkräfte zu bekämpfen. Er umfasst unter anderem die Aspekte Aus- und Fortbildung, Schnittstellenarbeit sowie Politik.

Mit Software Einsätze besser koordinieren

Wie sich Einsatz- und Rettungskräfte besser schützen lassen, untersuchte ein EU-weites Forschungskonsortium. Die Fachleute entwickelten dazu die Software MONICA, welche eine flexible und schnelle Steuerung von Einsatzkräften ermöglichte.

Das Besondere: Die Software übertrug die Standorte jedes Einsatztrupps sowie seine Bewegungen in Echtzeit auf einen Bildschirm der Einsatzzentrale. Dies erleichterte der Einsatzleitung die Koordination erheblich. MONICA kam bis März 2020 auf verschiedenen Großveranstaltungen in Deutschland zum Einsatz.

Bis heute, auch nach Ende des Forschungsprojektes, können Führungskräfte von MONICA profitieren. Die Website beschreibt, wie sich die Software nachprogrammieren lässt.