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Von rätselhaften Krankheiten
Wenn es in neue Büroräume geht, leiden manche Beschäftigte plötzlich von rätselhaften Leiden heimgesucht. © Raufeld

Kolumne : Von rätselhaften Krankheiten

Imke König zeigt uns die Welt unerforschter Krankheiten, von der auch Beschäftigte immer wieder berichten. Humor sollten diese dabei nie vergessen.
Imke König ist Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Coach. In ihrer top eins-Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausgewogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement, Illustration: Raufeld Medien
Imke König ist Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Coach. In ihrer top eins-Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausgewogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement. © Raufeld

Es geht hier nicht um Durchfall oder Kopfbrausen oder schreckliche Halsschmerzen. Um Ohrenflattern oder Nasenbeben. Und es geht auch nicht um die zum dritten Mal verblichene Großmutter, deren mehrfaches mirakulöses Dahinscheiden es Ihrem Mitarbeiter oder Ihrer Mitarbeiterin leider unmöglich macht, wie versprochen die neuen Auszubildenden einzuarbeiten.

Es geht um wichtige Neuentdeckungen, die ich bislang nicht in der wissenschaftlichen Welt unterbringen konnte, die mir aber bei der Beratung von Führungskräften begegneten. „Morbus Sella antiquiaa“ oder auch „Morbus stuhlensis“ ist eine davon: die übergroße Liebe zu einem völlig veralteten Bürostuhl. Der Umzug in neue Büroräume – an sich schon Grund genug, psychisch schweren Schaden zu erleiden – führte hier bei einer Mitarbeiterin dazu, sich Hilfe suchend an ihre Führungskraft zu wenden.

Leidenschaftliche Liebe und komische Gerüche

Unbedingt müsse der alte Stuhl ihr erhalten bleiben, keinen Tag würde sie es auf den neuen (top ergonomischen) Stühlen aushalten. Die konsternierte Führungskraft verwies zu Recht darauf, dass sich die Mitarbeiterin bitte selbst darum kümmern möge, das gute Stück beim Umzug zu retten. Die findige Leidende brachte den Stuhl daraufhin – in deren Abwesenheit – im Raum der Führungskraft unter.

Das Überschreiten von Schicklichkeitsgrenzen und Grenzen des allgemeinen gesunden Menschenverstandes gehören hier unbedingt mit zum Symptomkomplex, sind aber differentialdiagnostisch nicht ausreichend.

Auch „Odeur mauvais tapis“ (OMT) wurde bisher vergeblich untersucht, ist mir aber schon diverse Male begegnet: Ein Team muss umziehen. Garantiert leidet ab sofort ein Teil der Betroffenen im neu bezogenen Zimmer unter dem vom Teppich ausgehenden rätselhaften, üblen bis stechenden Geruch. Sämtliche Untersuchungen durch den Betriebsärztlichen Dienst oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit bleiben ergebnislos.

Fälle von Wunderheilung möglich

Wenn es ganz arg kommt, bringt irgendjemand die Diagnose „Multiple Chemical Sensitivity“ ins Spiel – eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber chemischen Substanzen, die es wirklich gibt. Ich gebe zu, dass in einem Fall tatsächlich ein totes Tier im Dachgebälk vermoderte. Die anderen fünf bis zehn Fälle von OMT konnten leider bisher nicht aufgeklärt werden.

Dies gelang jedoch bei der sehr seltenen Erkrankung „Pallor gravibus abnormus“. In den Büroräumlichkeiten einer alten Fabrik traten immer wieder Fälle von krankhafter Blässe auf. Die Belegschaft vermutete aufgebracht, dass „etwas aus den alten Fabrikwänden“ herausdünstete.

Die Krankheitsfälle konnten durch das Wechseln der Glühbirne in der Damentoilette drastisch gesenkt, ja sogar völlig zum Erliegen gebracht werden. Ein Fall von Wunderheilung. Denken Sie immer daran: Ich habe es nach 15 Jahren Beratungen und Workshops in der Verwaltung nicht nötig, etwas zu erfinden.