topeins 2/2021

W enn ich momentan den Nachrichten lausche – täg- lich vertrage ich sie aufgrund vielfältiger Wiederholungen nicht –, bemerkt mein geneigtes Psycholo- ginnenohr: Sprache wirkt. Gefühlt zehn bis fünfzehn Mal pro Woche höre und lese ich: „Eine Welle rollt auf uns zu“, „Das wird gewaltig wachsen“, „Angst“, „Ängste“, „Sorgen“. In der Hypnotherapie bezeichnen wir sol- che ständigen Wiederholungen als Problemhypnose. Was läuft schlecht, was funktioniert nicht, wie schlecht geht es mir? Auf jeden Fall schlechter, wenn ich dies ständig wiederhole und ausführlich darlege! Geschwind zum „Stattdessen“, sonst macht mich dieser erste Kolumnenteil ganz übellaunig. Nach dem „Stattdessen“ zu fragen ist eine hochinteressante und lösungs- orientierte Technik, die Sie sich bitte für diejenigen Kommunikationspart- nerinnen und -partner merken, die Ihnen langatmig erläutern, warum sie dies und jenes nicht wollen oder nicht ausführen können. Es soll ja Menschen geben, die grundsätzlich alles vernei- nen, ausschließen, abwehren und ab- wenden wollen – Sie fragen freund- lich zurück: „Aha. Dies also nicht. Und was stattdessen?“ Haben Sie bit- te Geduld, wenn Sie jetzt auf eine Ant- wort ohne Negation warten. Gegebe- K wie Krise und K wie Kommunikation. Das kann kein Zufall sein! Imke König wundert sich über die Sprache in den Medien und gibt Tipps für eine gelungene Krisenkommunikation. nenfalls betreten die Gefragten gerade gedankliches Neuland. Wenn es nötig ist, wiederholen Sie Ihre „Stattdessen“- Frage. Das Gehirn betritt Neuland äu- ßerst ungern. Der Grund: Es bewegt sich schnell und daher dort am liebs- ten, wo Dinge bekannt sind, einsor- tiert sind und die eigenen Ansichten bestätigt werden. Das dauert. Lassen Sie Ihrem Gegenüber Zeit und schauen Sie derweil interessiert aus der Wäsche. Da ich persönlich zumWeitersprechen neige, zähle ich zuweilen innerlich bis zehn. Und staune, welche Antworten dann kommen, von Menschen, die sehr schnell dieses nicht wissen und jenes nicht wollen. Dies zur Mikro-Interven- tion mithilfe von „stattdessen“. Kommen wir zur größeren Bühne, also der Arbeit mit dem ganzen Team. Wäh- rend einer Krise oder einer großen Ver- änderung (Krise versus Veränderung: Merken Sie’s?) ist es absolut notwendig, häufig in Kontakt zu sein, also Präsenz zu zeigen. Dies geht natürlich auch digi- tal, manchmal sogar einfacher. Krisen- kommunikation fängt bei „Wie geht’s euch, wie geht’s mir heute?“ an und geht mit den großen Fragen weiter: „Wie krie- gen wir das hin, auch unter schlechten Bedingungen? Was klappt noch, was wird nicht hinhauen und was versuchen wir stattdessen?“ Da ist es wieder, das Zauberwort. Aber damit kein Missverständnis auf- kommt: Schönreden hilft nicht und verärgert Menschen, die in Not sind und unter Stress stehen. Nicht jedes Problem ist nur eine Herausforderung und darf auch Problem genannt wer- den. Ein Team auf Worst-Case-Sze- narien vorzubereiten, ist ein Teil von Krisen- und Change-Management. Die Vorstellung, was im schlimmsten Fall getan werden könnte, kann relativie- ren und ein Gefühl von Handhabbar- keit (Manageability klingt irgendwie flotter) hinterlassen. Sie ist aber nur ein Teil der Krisenkommunikation. Statt- dessen könnten Sie ... jaja, jetzt reicht’s. Wiederholen ist halt auch ein Teil von Krisenkommunikation. Vom Katastrophisieren und Hypnotisieren Imke König ist Diplom- Psychologin, Psycho- therapeutin und Coach. In ihrer top eins -Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausgewo- gene Work-Life-Balance und effizientes Stress- management. Raufeld Medien top eins 2 | 2021 30 SERVICE

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