topeins 4/2021

VERANTWORTLICH FÜHREN 23 4 | 2021 top eins Neben dem Angebot präventiver Maßnahmen müssen Vorgesetzte frühzeitig eingreifen können, wenn Beschäftigte Tendenzen zu psychi- schen Problemen aufweisen. „Gute Führungskräfte kennen ihre Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter und sindmit ihnen im regelmäßigen Dialog. Das er- möglicht ihnen, frühzeitig Verhaltens- veränderungen zu erkennen und ein- zuordnen“, sagt Dr. Fritzi Wiessmann, Arbeits- und Organisationspsycholo- gin der Berufsgenossenschaft Verkehr (BG Verkehr). Diagnosen Fachleuten überlassen Es müsse unterschieden werden zwischen psychischen Eigenheiten, psy- chischen Beeinträchtigungen und psychischen Störungen. Unter den psy- chischen Eigenheiten verstehen Fachleute charakterliche Merkmale. Da- runter könnten schnelles Aufgebrachtsein, ein rauer Tonfall oder auch Einzelgängertum fallen. Psychische Beeinträchtigungen machten sich durch Verhaltensveränderungen bemerkbar. Als Ursachen kommen be- rufliche Überforderung oder private Probleme infrage. Von psychischen Störungen sprechen Expertinnen und Experten, wenn sich psychische Beeinträchtigungen manifestiert haben und als Erkrankung diagnosti- ziert werden können. „Teamverantwortliche sollten auffällige Personen ansprechen, wenn die Qualität der Arbeit oder das Teamklima darunter leiden“, sagt Wiessmann. „In einemVieraugengespräch kann geklärt werden, was die Ursachen sind.“ Selbst eine Diagnose zu stellen, sei dabei aber nicht Aufgabe von Führungs- kräften. Stattdessen sollten diese verständnisvoll sein und Betroffenen Hilfsangebote offerieren. „Führungskräfte können an Betriebsärztinnen und -ärzte, soziale Beratungsstellen im Unternehmen, die Personalabtei- lung oder die Personalvertretung verweisen.“ Extern können sich Betroffene an Psychotherapeuten oder Fachärztinnen wenden oder sich stationär in Fachkliniken behandeln lassen. „Auch externe Beratungsstellen kommen infrage“, so Dr. Fritzi Wiessmann. Umgang mit psychisch beeinträchtigten Beschäftigten – Handlungsleitfaden für Führungskräfte publikationen.dguv.de Webcode: p206030 CHECKLISTE Mögliche Verhaltensänderungen bei psychischen Beeinträchtigungen 1 Arbeitsdisziplin: • Unpünktlichkeit • Unentschuldigtes Fehlen • Verspätete Abgabe von Krankmeldungen • Arbeit bleibt liegen 2 Leistungsverhalten: • Auffällige Leistungsminde- rung und -schwankung • Hohe Fehlerquote • Häufiges Nachfragen trotz langjähriger Arbeits­ erfahrung • Ständige Kontrolle der ausgeführten Aufgaben • Vermeiden von bestimmten Tätigkeiten 3 Sozialverhalten: • Meiden von Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzten • Unangemessenes Verhalten wie Aggressivität • Übersteigerte Reaktionen gegenüber Kritik • Auffallende Unzuverlässigkeit 4 Weitere Merkmale: • Außergewöhnliche Unruhe, Angespanntheit • Andauernde Traurigkeit und/oder Nieder­ geschlagenheit • Selbstgespräche • Verändertes Essverhalten • Ungepflegte Kleidung, vernachlässigte Körper- pflege • Zunehmender Suchtmittel- gebrauch 28% der Deutschen sind im Schnitt jährlich von psychischen Erkrankungen betroffen. Quelle: Report Psychotherapie, 2020 9,9 Mio. Menschen waren 2019 an Angst- störungen erkrankt. An affekti- ven Störungen wie Depressionen litten 6,3 Millionen.

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