topeins 4/2022

D er Volksmund hat zwar viele schlaue Sprüche zu bieten. Nicht selten lassen sie uns aber leider irritiert zurück. Wie ist es nun mit den Alten und den Jungen bei der Arbeit? In letzter Zeit erstaunte mich doch sehr, dass zunehmend äl- tere Führungskräfte darüber klagten, dass jüngere Mitarbeitende ... ja, was denn? Zum Beispiel gar nicht mehr so hart arbeiten wollten: „Die schreiben sich häufiger mal krank, also wenn wir das damals gemacht hätten, nein, das wäre uns ja gar nicht in den Sinn gekommen!“ Oder: „Die fühlen viel mehr in sich hinein!“ Da könnte ich jetzt frech antworten: Na, fein, dann sparen sich die Jungen ja viele Acht- samkeitsseminare, Kur-Aufenthalte und fortgeschrittene Erschöpfungs­ zustände. Ich habe mir daraufhin erlaubt, eine nicht repräsentative Umfrage unter jungen Berufstätigen durchzuführen. Meine Frage: „Was erlebt ihr denn mit den älteren Kolleginnen und Kollegen?“ Überraschenderweise kam als Erstes die Antwort, sie würden von den Älte- ren entgegengehalten bekommen, dass sie ja diejenigen wären, die den Klima- wandel jetzt verhindern müssten. „Ihr habt’s ja in der Hand, wir können nichts mehr machen!“ Das schien sogar bei der Was denn nun: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ oder „Man lernt nie aus“? Imke König über lebenslanges Lernen, Voneinanderlernen in altersgemischten Teams und Fragen der Perspektive. Arbeit ein vorherrschendes Thema zu sein – und eine bewundernswerte Art, die Verantwortung für so einiges, auch selbst Verzapftes, an die nächste Gene- ration weiterzugeben. Wie praktisch das doch ist – unbedingt merken! Ich hake nach: „Was noch – auf die Ar- beit bezogen?“ – „Die Jungen wollen im- mer viel und alles auf einmal, besonders beim Digitalen. Für uns Älteren lohnt sich das doch nicht mehr!“ So hatten es die Jüngeren im Projekt mehrfach ge- hört. Gerne gepaart mit der pauschalen Behauptung: „Das hat ja vorher auch funktioniert.“ Und schließlich bekam jemand zu hören: „Powerpoint lerne ich nicht mehr, das lohnt sich nicht mehr nach 15 Jahren imBeruf.“ Dies sagte eine Kollegin von 34 Lenzen. Das alles schien mir kein harmonisches Bild vomMiteinander der Generationen zu zeichnen. Die jüngeren Interviewten brachten sogar mehr Verständnis als die Älteren auf: „Wie viele Jahre habe ich noch und was will ichmir noch antun?“, das dürfe sich jemand nach vielen Ar- beitsjahren durchaus fragen. Mit vielen Arbeitsjahren waren aber eher drei Jahr- zehnte aufwärts gemeint. Nun habe ich fitte Ältere, schlaue Jünge- re, schwerfällige Ältere, lahme Jüngere, Faule, Fleißige, Engagierte und Desillu- sionierte jeden Alters getroffen. Handy- daddelnde 20-Jährige und friedlich im Bürosessel schlummernde 60-Jährige. Irgendwie konnten diese Schablonen nicht stimmen. Die weiseste Zusammenfassung steuerte eine junge Frau Mitte 30 bei: „Ich kann es nie am Alter festmachen, sondern nur an der Perspektive des Einzelnen.“ Da bleibt uns allen wohl doch nur, in jedem Alter die Augen, Ohren und das Herz für die Kolleginnen und Kollegen ganz weit offen zu halten: „Wie siehst du das eigentlich?“ Das viel gesungene Lied vom Dialog der Generationen Imke König ist Diplom- Psychologin, Psycho- therapeutin und Coach. In ihrer top eins -Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausge­ wogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement. Illustration: raufeld 30 SERVICE top eins 4 | 2022

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