topeins 1/2023

S ie wissen ja, dass Sie als Füh- rungskraft für so gut wie alles zuständig sind. Neben Ihrer eigentlichen Funktion und Rolle wä- ren das: liebenswürdige Verabschie- dungen in den Urlaub, ebenso die Begrüßung nach demselben. Dann: Gratulation zum Firmenjubiläum, Ge- burtstag, zur Hochzeit, Geburt der Kin- der, Scheidung und so weiter. Interesse für Hunde, Katzen und sonstige Haus- tiere sowie die Kenntnis über Hobbys, Verwandte und Wohnverhältnisse. Auch für Zahlen, Daten, Fakten aller Art, den Brandschutz und das Objekt- management sind Sie verantwortlich. Wer hält eigentlich die Büroküche sau- ber? Wer organisiert die Weihnachts- feier? Wie kommt der neue Azubi ins Haus und an den Rechner? Markieren Sie bitte mit einem Leucht- marker, was davon wirklich Führungs- aufgaben sind. Und was davon psycho- logischer und sozialer Schmierstoff, der Reibung und Verschleiß verringert so- wie zur Kühlung, Schwingungsdämp- fung und ... Genug der Physik, zurück zur Psychologie: Schmierstoff, den Sie nicht unterschätzen sollten! Für den man allerdings neben einer Engelsge- duld Zeit, Energie und eine Persönlich- keit mitbringen sollte. Also nach Defini- tion der Psychologie angeboren. Ein Team zu führen , hat durchaus etwas Väterliches oder Mütterliches. Doch nicht allen Führungskräften gelingt es auf Anhieb, für sozialen Schmierstoff zu sorgen. Mit diesen Tipps von Imke König klappt es bestimmt. Sich in diesem Umfang um die Beleg- schaft zu kümmern, liegt nicht allen – ich erlebe auch frische Führungskräfte, die eher fassungslos sind, dass all das Zeug auf der Beziehungsebene plus Kek- se und Small Talk wirklich ihr Job sein soll. Als Arbeitspsychologin kann ich Ih- nen sagen, dass es so nicht in Ihrer Stel- lenbeschreibung steht – aber es hilft der Stimmung ungemein. Es geht hier um Motivation, Bindung, die Schaffung ei- nes Wohlgefühls des Umsorgtseins. Es hat etwas Väterliches und Mütterliches. Ich halte es aus der Sicht der Personal- entwicklung leider für eher schwer trai- nierbar. „Bitte, FrauWohlgemut, zeigen Sie uns in einem kleinen Rollenspiel, wie Sie Frau Kannnichtanders eine po- sitive Rückmeldung zu ihren Arbeits- rückständen geben.“ „Basteln Sie Ihrem Team einen Adventskalender!“ „Den- ken Sie sich bitte auf diesemArbeitsblatt zwölf Lobpreisungen für jedes Teammit- glied aus.“ Das Fingerspitzengefühl für gute, situative und individuelle Anlässe, um jemandem Anerkennung zuteilwer- den zu lassen, ist schwer vermittelbar. Manche brauchen dafür Unterstützung. Es hilft, wenn das Team die Attitüde ei- nes übersehenen Großfamilienkindes besitzt, Sie auf Gelegenheiten für Lob und Anerkennung hinzuweisen: „Ist mir das nicht wirklich gut gelungen?“ „Freuen Sie sich nicht auch, dass ich nach drei Wochen Urlaub gesund und heil zurückgekehrt bin?“ „Ist Ihnen auf- gefallen, dass ich heute jedes Mal ans Telefon gegangen bin, wenn es geklin- gelt hat?“ Allerdings halte ich es auch für legitim, dass Sie während eines har- ten Arbeitstages im Großraumbüro ru- fen: „Wer möchte mir gerade was Nettes sagen?“ oder „Gebt es zu – ohne mich wäre es hier halb so schön!“ Gehen Sie als Vorbild voran und verlangen Sie Lob und Anerkennung, wo immer es geht. Sagen Sie bitte nur nicht, dass Sie das von mir haben. Ohne Schmierstoff geht es nicht Imke König ist Diplom- Psychologin, Psycho- therapeutin und Coachin. In ihrer top eins -Kolumne gibt sie Tipps für den Führungsalltag und berichtet von ihren Beobachtungen aus der wilden Arbeitswelt. Illustration: raufeld 30 SERVICE top eins 1 | 2023

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