topeins 3/2021

W enn Sie in Ihrem Beruf mit viel Fachwissen zu tun ha­ ben, kennen Sie diesen Ge­ danken bestimmt: „Darüber müsste ich mal ein Buch schreiben“! So geht es mir mit dem Thema „Führungsar­ chitektur“, das ich in dieser Kolumne einmal anreißen möchte. Das erste Mal begegnete mir dieses The­ ma, als ich mit Teams in Kitas zusam­ mengearbeitet habe. Aus Neugierde ließ ich mir die Räumlichkeiten zeigen und bemerkte mit Erstaunen: Ständig geschlossene Feuerschutztüren befan­ den sich zwischen Kleinteams, die gar nicht miteinander in Kontakt kommen konnten – obwohl sie de facto zusam­ menarbeiteten. Ähnliche Konstellati­ on: Teams, die sich auf verschiedenen Stockwerken befanden, sahen sich auf­ grund der räumlichen Trennung auch inhaltlich als getrennt an – und war die Treppe noch so kurz. Eigentlich ist es trivial, dass Treppen und geschlosse­ ne Türen Barrieren darstellen. Bei der Belegung der Räume schien sie jedoch keiner auf dem Schirm zu haben. Noch spannender ist aber die Frage: Wo sitzt die Führungskraft? Feedback- Workshops, wie ich sie häufig mo­ deriere, bringen interessante Effek­ te zum Vorschein. Erstes Beispiel: In einem Team fühlten sich diejenigen Wo sitzen Sie? Wo sitzt Ihr Team? Und wie wirkt sich das aus? Unsere Kolumnistin Imke König regt Führungskräfte dazu an, einmal über Sitzordnung nachzudenken. Ein sensibles Thema! Beschäftigten, die eine Etage über der Führungskraft sowie ihren Kolleginnen und Kollegen saßen, benachteiligt. Das konnte leicht behoben werden, indem die Führungskraft damit begann, eine Morgenrunde zu drehen. Nicht nur, um allen einmal Hallo zu sagen, sondern auch, um Fragen zu beantworten. Mit der Morgenrunde wusste jeder: Morgen früh kommt sie und ich bekomme meine Frage beantwortet. Zweites Beispiel: Ein Teil eines Teams befand sich in einemanderen Raum„um die Ecke“ UND auf einem Flurbereich, denman über eine kleine Stufe erreichte. Die „abgetrennten“ Beschäftigten fühl­ ten sich deutlich weniger informiert als diejenigen, die entlang des langen Flur­ bereichs saßen, mit der Führungskraft mittendrin. Der Flurfunk wurde quasi von der Ecke abgebremst. Dies alles vernahm ich mit Erstaunen. Ich erkannte, dass Teams sehr empfind­ lich sein können: „Gibt es etwas, was wir hier hinten, hier vorne, hier unten, hier oben nicht mitbekommen?“ Etwas zu sensitiv erschienmir jedoch ein Team, das sich bitter beklagte, dass sich die (Damen-)Toilette gegenüber dem Raum der Führungskraft befand. Sie hätten das Gefühl, dass man zähle, wie oft ... Dies sind Momente einer Moderation, in de­ nen Selbstbeherrschung gefragt ist. Da­ bei hatte die Führungskraft es mit ihrer offenen Tür nur gut gemeint und schloss sie von nun an. Es wird Sie nicht wun­ dern, dass dieses Team auch in ande­ ren Dingen etwas auf Krawall gebürstet war und wir diese Beschwerde getrost als „(anderes) Thema hinter dem Thema (Toilettentür)“ betrachten dürfen. Die „immer offene Tür“ ist meiner An­ sicht nach sowieso überschätzt undwird viel zu häufig verwendet. Viele Füh­ rungskräfte erlauben sich leider keine stille Stunde und lassen sich permanent unterbrechen. Aber das wäre Thema eines anderen Buches. Zusammenbringen, was zusammengehört Imke König ist Diplom- Psychologin, Psycho- therapeutin und Coach. In ihrer top eins -Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausgewo- gene Work-Life-Balance und effizientes Stress- management. Raufeld Medien top eins 3 | 2021 30 SERVICE

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