topeins 4/2021

F rüher war ja angeblich alles bes- ser. Zum Beispiel wurde noch sehr hart körperlich gearbeitet, gehoben, geschleppt und gekniet. In einigen Berufen ist das bis heute der Fall und dort sehnt man sich eher sel- ten nach noch mehr Bewegung. Wo al- lerdings viel am Schreib- und Bespre- chungstisch oder in Videokonferenzen gearbeitet wird, wächst hingegen der Bauchspeck, die Muskulatur erschlafft allerorten oder verhärtet. Verzweifelt wird überlegt: Wie kann es gelingen, dass der Mensch sich dabei bewegt? Ist es attraktiv, nach Feierabend Sport- kurse unter dem Behördendach anzu- bieten? Im ländlichen Raum findet dies durchaus Zuspruch, wo es praktisch ist, das gleich an Ort und Stelle absolvieren zu können. Da wird sich auch schon ein- mal im Büro des Gesundheitsmanage- ments umgezogen, auf dem Land ist es eben kuscheliger. Im städtischen Raum gibt es hingegen an jeder Ecke vielfältig ausgestattete Sportstudios, wo in ano- nymerer Atmosphäre in zu eng sitzender Sportkleidung geschwitzt und geächzt werden kann – dort werden Angebote auf der Arbeit nicht so gut angenom- men. Eine raffiniertere Vorgehensweise ist gefragt. Kommen wir damit zu den Möglichkei- ten der Arbeitsplatzausstattung: Denk- Mit Steh-Meetings, Wackelstühlen und Physiotherapie unternehmen Organisationen alles Mögliche, um Beschäftigten im Arbeitsalltag Bewegung unterzujubeln. Imke König hat sich angeschaut, welche Methoden fruchten. bar wären wackelige Sitzplätze. Wer sich ständig ausbalancieren muss, trainiert ganz automatisch. Oder noch ausge- fuchster die Idee, dass es gar keinen fes- ten Arbeitsplatz mehr gibt und sich die Beschäftigten jeden Morgen mit ihrem Bürocaddy kilometerlang einen Raum und Platz suchenmüssen. Beladungsge- wicht und Rollenbeweglichkeit der Cad- dies könnte man hier übrigens noch in verschiedenen Schwierigkeitsgraden verändern, sodass das Training wö- chentlich gesteigert werden kann. Den Drucker weit weg zu stellen oder imTrep- penhaus zu trainieren, sind ja mittler- weile schon gängige Vorgehensweisen. Besprechungen im Stehen sind hinge- gen noch eine zarte Pflanze, die sich von morgendlicher Gruppenbegrü- ßung im Flur erst noch zur konsequen- ten Methode gerade auch für längere Besprechungen auswachsen muss. Ein angenehmer Nebeneffekt könnte sein, dass Vielrednerinnen und -redner sich mehr disziplinieren undWiederholungen wegen schmerzender Füße unterlassen. Wo ich schon einmal von der schönsten allerWelten träume: Es gabwohl dereinst ein Unternehmen mit eigenen Physio- therapeutinnen oder einem -therapeuten für die Belegschaft. Eine Gegenrechnung mit eingesparten Krankheitstagen könn- te sich durchaus lohnen. Kostengünstiger wäre die zu Unrecht als spießig und uneffizient gescholtene aktive Pause: Sportliches Fachperso- nal kommt ein- bis dreimal die Woche an den Arbeitsplatz und führt kurze Übungen vor. Ich kenne keine Metho- de, die besser geeignet wäre, nicht nur die „worried well“ zu erreichen – also diejenigen, die sich sowieso schon ge- nug bewegen. Ganz verrückt wäre es hingegen, statt der Flurnachbarin oder dem Flurnachbarn eine E-Mail nach der anderen zu schicken, aufzustehen und rüberzugehen, um es ihr oder ihm einfach zu sagen. Bekanntlich zählt ja jeder Schritt mehr. Bewegtes Arbeiten Imke König ist Diplom- Psychologin, Psycho- therapeutin und Coach. In ihrer top eins -Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausge­ wogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement. Illustration: Raufeld Medien 30 SERVICE top eins 4 | 2021

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