topeins 2/2022

Die 11.000 Beschäftigten der Stadt- verwaltung der nordrhein-westfäli- schen Landeshauptstadt nutzen un- terschiedlichste Arbeitsmodelle. Auch die Führungsetage macht hierbei keine Ausnahme. Neben Teilzeit nutzen Füh- rungskräfte zumBeispiel Möglichkeiten zum Job-Sharing oder Homeoffice, um eine ausgewogene Work-Life-Balance zu gestalten. Die Stadtverwaltung bietet ihnen an, sich dahingehend weiterzu- bilden – Coaching-Angebote zu „Führen auf Distanz“ oder „Führen in Teilzeit“ stehen ihnen offen. Auch in Bewerbungsgesprächen kommt Flexibilität verstärkt zur Sprache. „Po- tenzielle Führungskräfte fragen nicht mehr nur danach, wie viel sie verdienen und welche Aufgaben sie bearbeiten werden, sondern welche Arbeitsmodelle es bei uns gibt“, berichtet Dr. Rauterkus, der selbst Familienvater ist. „Und solche Fragen müssen wir als Stadtverwaltung beantworten können. Aus meiner Sicht ist es für Behörden sehr schwierig, Ar- beitskräfte zu gewinnen, wenn sie in der Richtung keine Angebote vorwei- sen.“ Die Gewinnung und Bindung von Beschäftigten sind auch nach Meinung von Oliver Schmitz die wichtigsten Trei- ber für Organisationen, sich familien- freundlicher aufzustellen. Schmitz ist Geschäftsführer der berufundfamilie Service GmbH, eines Unternehmens, das unter anderem Hochschulen und Behörden dabei hilft, nachhaltige fami- lien- und lebensphasenbewusste Perso- nalpolitik umzusetzen. Der Erfolg eines solchen Prozesses, so ist sich Schmitz si- cher, steht und fällt mit den Führungs- kräften. „Die angestrebte Unternehmens- kultur bildet sich nur dann heraus, wenn auch Führungskräfte entsprechende An- gebote nutzen. Eine Führungskraft, die ständigmorgens die erste und abends die letzte ist, aber erzählt, bei uns kannman flexibel arbeiten, ist wenig glaubwürdig.“ Erwartungen an Führungskräfte formulieren Ihre Vorbildfunktion zu erfüllen, ist si- cherlich ein wichtiger Anreiz für Füh- rungskräfte, betriebliche Angebote zu nutzen. Ein anderer, nicht weniger wichtiger, ist die eigene Gesundheit. Wer nicht ständig erreichbar und prä- sent sein muss, erlebt deutlich weniger Stress. Hinzu kommt die höhere Zufrie- denheit mit dem eigenen Leben. Denn den Alltag nach eigenen Wünschen zu gestalten sowie Aufgaben von Beruf und Privatleben besser vereinen zu können, bedeutet für Führungskräfte, ein erfüll- teres Leben zu führen. Dem entgegen stehe häufig der Druck, präsent und erreichbar sein zu müs- sen, so Schmitz: „Heutzutage kann man theoretisch rund um die Uhr er- reichbar sein. Gerade bei Führungs- kräften nimmt die digitale Erreichbar- keit mitunter exzessive Formen an.“ Führungskräfte in sogenannten Sand- wich-Positionen sehen sich zudem mit Erwartungen von oben und unten kon- frontiert. „Selbst flexibel arbeitende Beschäftigte erwarten häufig von ihrer Führungskraft, dass sie stets erreichbar und vor Ort anzutreffen ist – zum Bei- spiel, um Probleme zu lösen“, beobach- tet Schmitz. Auch Führungskräfte selbst würden das glauben. „Sie befürchten, dass wenn ‚der Laden läuft‘, obwohl sie selbst nur zu 80 Prozent erreichbar sind, der Eindruck entstehen könnte, sie sei- en überflüssig.“ Dahinter stecken häu- fig Erwartungen, die still angenommen, aber nie explizit ausgesprochen und be- sprochen wurden. „Sehr hilfreich ist es, im Rahmen eines Erwartungsmanage- ments mal stichfest zu formulieren, was Unternehmensleitung, was Beschäftigte top eins 2 | 2022 Es sind nicht immer Familienaufgaben – auch ehrenamtliches Engagement kann Führungskräfte antreiben, in Teilzeit arbeiten zu wollen. PictureAlliance/Harald Tittel 18 VERANTWORTLICH FÜHREN » Beruf und Familie Das Audit ist ein strategisches Management- instrument, das Behörden und Institutionen nutzen können, um ihre Personalpo- litik familien- und lebenspha- senbewusst auszurichten. Entlang von acht Handlungs- feldern entwickelt beruf- undfamilie gemeinsam mit der Behördenleitung sowie Beschäftigten aller Hierar- chieebenen Ziele und Maß- nahmen. Diese werden an- schließend innerhalb von drei Jahren realisiert. Informationen zum Audit sowie erfolgreiche Beispiele aus der Praxis gibt es auf: berufundfamilie.de > Auditierung > Gute Praxis Dr. Michael Rauterkus, Leiter der Dezernate Wirtschaft und Digitalisierung der Stadt- verwaltung Düsseldorf Michael Gstettenbauer

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