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Pflichten übertragen, so geht’s richtig
Führungskräfte erhalten auch im direkten ­Gespräch, etwa mit der Fachkraft für Arbeits­sicherheit, wichtige Informationen und Tipps. © GettyImages/alvarez

Arbeitssicherheit : Pflichten übertragen, so geht’s richtig

Ein Teil der Verantwortung im Arbeitsschutz kann an Führungskräfte übertragen werden. Dabei sind allerdings einige formal wichtige Punkte zu beachten.

Eine unbestimmte Übertragung von Arbeitsschutzpflichten per Formblatt? Das wollte ein Juraprofessor einer bayerischen Universität nicht akzeptieren und klagte dagegen­ ­– letztlich erfolgreich. Das Bundesverwaltungsgericht gab ihm 2016 Recht und hob die Urteile der beiden Vor­instanzen auf. In der gewählten Form verstoße die Pflichtenübertragung gegen das Arbeitsschutzgesetz.

Pflichtenübertragung setzt Expertise voraus

Das Gesetz geht nur knapp auf die Voraussetzungen einer Pflichtenübertragung ein. Es gibt allerdings vor, dass Arbeitgebende Pflichten im Arbeitsschutz nur dann auf Beschäftigte übertragen dürfen, wenn diese befähigt sind, die Pflichten auch auszufüllen. Die DGUV Vorschrift 1 nennt „zuverlässige und fachkundige Personen“.

Marcus Hussing, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Sicherheit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), sagt: „Führungskräfte, denen Pflichten im Arbeitsschutz übertragen werden, müssen also die passenden persönlichen Voraussetzungen mitbringen.“ Deshalb sei es außerdem wichtig, dass Unternehmen und Einrichtungen ihre Führungskräfte auf die Aufgaben im Arbeitsschutz vorbereiten, wenn diese nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügen. Die Unfallkassen bieten dazu ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm an, ebenso das Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG).

Klicktipps

Es lohnt sich auch bei den Unfallkassen direkt nach Seminaren und Workshops für Führungskräfte zu suchen. Manche ver­mitteln Grundlagen, andere sind auf spezielle Betriebsarten und Fachgebiete ­zugeschnitten.

Vereinbarung zur Pflichtenübertragung muss klar definiert sein

Zu den Arbeitsschutzpflichten, die Füh­rungskräften übertragen werden können, gehören beispielsweise: ­Ge­­fähr­dungsbeurteilungen erstellen, Schutz­maßnahmen implementieren und Beschäftigte im sicheren Umgang mit Arbeitsabläufen und Arbeitsmitteln unterweisen.

Die Pflichtenübertragung kann formal eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag sein. Dafür reicht jedoch ein allge­meines Formblatt nicht aus, wie das ­Urteil des Bundesverwaltungsgerichts deutlich gemacht hat. Die Verein­barung muss definieren, welche Be­fugnisse die Arbeitgebenden auf die Führungskraft übertragen und für ­welchen Bereich sie gelten. „Zudem müssen die Verantwortlichkeiten ver­schiedener Per­sonen klar voneinander abgegrenzt werden“, erläutert Marcus Hussing, der selbst Jurist ist. Wichtig ist außerdem, dass die Person die gesonderte Vereinbarung zur Pflichtenübertragung unterschreibt und selbst eine Ausfertigung erhält.

Arbeitgebende müssen Arbeitsschutz überwachen

Manchmal gehören Arbeitsschutzauf­gaben bereits zur Funktion. So hat etwa in der Regel an Hochschulen die Hochschulleitung in der Person des Präsidenten beziehungsweise der ­Rektorin die zentrale Verantwortung für den ­Bereich Sicherheit und Gesundheit inne. Die damit einhergehenden Pflichten sollten im Idealfall die Stellenausschreibung klar benennen, um bereits gegenüber Bewerberinnen und Be­werbern den Stellenwert von Sicherheit und Gesundheit zu betonen.

Das Delegieren von Pflichten hat indessen seine Grenzen – nicht alle Verantwortung können Arbeitgebende an Führungskräfte abgeben. „Unternehmerinnen und Unternehmer bleiben in der Pflicht, Weisungen zu erteilen, zu überwachen, ob ihre Führungskräfte Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen, und in letzter Konsequenz Pflichtverletzungen zu sanktionieren“, so Hussing.

Auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit können Führungskräfte unterstützen

Neben Weiterbildungsseminaren sieht Hussing noch weitere Wissensquellen, die Führungskräfte anzapfen sollten: „Gehen Sie aktiv auf die Akteurinnen und Akteure des betrieblichen Arbeitsschutzes zu, etwa auf die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt.“ Die ordnungsgemäße Pflichtenübertragung dient letztlich dazu, im Fall eines Arbeitsunfalls abgesichert zu sein und den Beweis dafür leicht erbringen zu können.

Andererseits, so gibt Hussing zu bedenken, passiere kein Unfall, weil Pflichten nicht ordnungsgemäß übertragen wurden. „Arbeitsunfälle werden häufig dadurch verursacht, dass verantwortliche Personen etwas nicht beachten oder nicht getan haben, was sie bei ordnungsgemäßer und gewissenhafter Durchführung hätten beachten oder tun müssen.“ Deshalb geht Arbeitsschutz alle an. Es liegt an den Führungskräften, diese Haltung in ihrem Team zu verankern.