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Mit virtuellen Räumen zu besserem Arbeitsschutz
In der Virtuellen Realität lassen sich Gebäude nicht nur dreidimensional betrachten, sondern auch begehen. © Adobe Stock/ME Image

Arbeitssicherheit : Mit virtuellen Räumen zu besserem Arbeitsschutz

Simulationen helfen dabei, Risiken im Arbeitsschutz zu senken. Insbesondere bei der Einrichtung neuer Arbeitsplätze kann eine virtuelle Realität unterstützen.

Einen Arbeitsplatz testen, bevor er überhaupt entstanden ist – dank virtueller Realität (VR) ist das möglich. Wenn beispielsweise Kommunen ein neues Verwaltungsgebäude errichten, können sie mit VR bereits während der Planung prüfen, ob die Anforderungen an Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an den künftigen Arbeitsplätzen erfüllt sind. Sind alle ergonomischen Fragen bedacht? Ist der Arbeitsplatz zum Beispiel so eingerichtet, dass alle wichtigen Arbeits­mittel in Greifnähe sind?

„Wenn das Ziel ist, dass ich einen Arbeits­platz neu einrichten, etwas Größeres verändern oder ergänzen möchte, dann kann virtuelle Realität mir helfen“, sagt Dr. Peter Nickel. Beim Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) gehört er zum Bereich „Intelligente technische Systeme und Arbeitswelt“. VR erlaubt es der betrachtenden Person, selbst in die Simulation einzutauchen, sich durch die Räume oder gar das gesamte Gebäude im Maßstab eins zu eins zu bewegen und dort einzelne Arbeitsschritte durchzuführen.

Klicktipp

Virtuelle Realität beim IFA: So kann ein virtueller Rundgang aussehen.

VR-Simulationen mit CAD-Modellen schnell erstellen

Noch ist der Einsatz von VR nicht sehr verbreitet, doch könnte sich das in Zukunft ändern. „Der Aufwand, eine VR-Simulation zu erstellen, ist nicht groß. Das gilt zumindest, wenn es bereits Modelle gibt“, sagt Nickel. Mit Computer-Aided-Design (CAD) erstellte Modelle sind in der Architektur bei Neubauten bereits die Regel, bei Hochbauten des Bundes ist das sogenannte Building Information Modeling (BIM) mit CAD-Planung sogar vorgeschrieben.

CAD-Modelle lassen sich in 3-D erstellen und reichen beispielsweise aus, um die Einrichtung von Räumen zu simulieren. In einer virtuellen Realität ist es aber zusätzlich möglich, auch durch den Raum zu gehen. Dafür muss eine CAD-Datei lediglich ins VR-Programm geladen werden. Die umgewandelte Datei lässt sich noch anpassen und ergänzen – zum Beispiel um konkrete Produkte und Maschinen. „Viele Programmierer stellen gegen eine kleine Lizenzgebühr im Internet CAD-Modelle von Pro­dukten zur Verfügung“, so Nickel.

Vorab klären, wie viel zu simulieren ist und wie genau die Darstellung wird

Liegt kein CAD-Modell vor, muss hingegen alles programmiert beziehungsweise modelliert werden, was den Aufwand erheblich vergrößert. Bevor also eine virtuelle Welt erschaffen wird, sollten die Verantwortlichen klären, was sie mit der VR erreichen und wen sie beteiligen wollen. „Es braucht eine klare inhaltliche Zielsetzung, die darüber entscheidet, wie die virtuelle Welt umgesetzt wird“, sagt der IFA-Experte.

Eine wichtige Frage ist, wie die Welt aussehen soll – ob es etwa eine fotorealistische Darstellung braucht oder eine gröbere reicht. Geklärt sein muss auch, wie viel um den zu begehenden Arbeitsplatz herum noch zu sehen ist und was in der virtuell simulierten Welt getan werden soll. Denn: „Nur das, was auch programmiert ist, kann auch betrachtet und benutzt werden.“

Pro und Contra Virtual Reality

Das spricht für den 
VR-Einsatz

  • Pläne lassen sich in Simulation anschauen und bewerten.
  • Betrachtenden wird der Raum nicht nur visualisiert, sie können sich auch im Raum bewegen und darin etwas verändern (zum Beispiel Monitor umplatzieren).
  • Ideen, die beim Betrachten kommen, lassen sich schnell virtuell umsetzen und prüfen.
  • Verschiedene Gewerke können Simulation zusammen anschauen und aktiv erleben.
  • Ersetzt aufwendige Nachbildungen aus Holz und Pappe.

Das spricht gegen einen VR-Einsatz

  • Virtuelle Realität zeigt nur, was zuvor auch modelliert wurde.
  • Visuelles ist leichter umzusetzen; die virtuelle Simulation von Geräuschen, Geruch und Haptik wird selten genutzt.
  • Bewertungen in der VR ersetzen nicht unmittelbar die in der Realität notwendigen Bewertungen.
  • Das Blickfeld mit einer VR-Brille ist etwas kleiner als in der realen Welt.
  • Nicht für alle nutzbar: Rund fünf Prozent der Bevölkerung bekommt in der VR Probleme mit Gleichgewichtssinn (Simulatorkrankheit), Gestaltungsmaßnahmen sind aufwendig.

Verschiedene VR-Techniken führen zu unterschiedlichen Erlebnissen

Bleibt die Frage, wie der Mensch in die VR eintauchen kann. Eine bekannte Technik sind auf dem Kopf ­getragene Head-Mounted Displays, die eine virtuelle Welt direkt vor den Augen der betrachtenden Person erzeugen. „Man sieht nichts anderes, daher ist es wichtig, dass eine zweite Person in der realen Welt dabei ist. Sie kann aufpassen, dass sich die Person mit dem Head-Mounted Display nicht versehentlich verletzt, weil sie etwa vor eine Wand der realen Welt läuft“, sagt Nickel.

Zu bedenken ist zudem, dass mit ­einem solchen Display die ­virtuelle Welt ­allein besucht wird. Wenn etwa Führungskräfte gemeinsam mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und den Sicherheitsbeauftragten künftige Arbeitsplätze begehen möchten, sollte daher eine Alternative zum Head-Mounted Display gewählt werden. Mithilfe eines Beamers lassen sich virtuelle Welten auf Leinwände bannen.

Wenn dann alle eine Shutterbrille aufsetzen, wie sie auch im Kino bei 3-D-Vorführungen benutzt werden, besteht die Möglichkeit, gemeinsam in die virtuelle Welt einzutauchen. „Alle sehen das gleiche Bild, können auf etwas zeigen, was die anderen Personen gleich erkennen und nachvollziehen können“, so Nickel. Gemeinsam ­lassen sich dann Probleme erkennen und Maßnahmen entwickeln.