Arbeitssicherheit : Wenn Infektionsschutz Alltag ist
Zuerst kommt die FFP3-Maske. Dann folgen Schutzbrille, OP-Haube und schließlich das Face-Shield. Über die Hände streift sich Thomas Klotzkowski noch ein frisches Paar Einmalhandschuhe.
Anschließend geht es für den Sicherheitsbeauftragten und Pfleger auf der Sonderisolierstation an der Berliner Charité gemeinsam mit dem behandelnden Arzt durch die Schleuse. Sie führt zum dritten Patienten mit COVID-19, dem Klotzkowski an diesem Tag eine Visite abstattet.
Ausschließlich COVID-Patienten auf Station
Das Prozedere ist für das Personal der Sonderisolierstation Teil ihres Alltags. Jeden Tag pflegen und behandeln die Beschäftigten am Campus Virchow-Klinikum im Herzen der Hauptstadt hochansteckende Patientinnen und Patienten. „Früher waren wir hier mit Krankheiten wie Tuberkulose oder Malaria konfrontiert, doch seit Beginn der Pandemie behandeln wir ausschließlich COVID-Patienten“, erzählt der Pfleger.
Arbeiten mit Viren, Bakterien und Co
Rund fünf Millionen Beschäftigte kommen wie Klotzkowski aufgrund ihres Berufs mit biologischen Arbeitsstoffen wie Viren, Bakterien und anderen Mikroorganismen in Kontakt. Damit sie sich nicht infizieren, sind Führungskräfte gefragt, die sich für eine möglichst sichere Arbeitsumgebung einsetzen.
Infektionsschutz bei nicht gezielten Tätigkeiten
Der erste Schritt besteht darin, den betreffenden Biostoff im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung einer von vier Risikogruppen zuzuordnen. „Das Coronavirus etwa gehört zur Risikogruppe drei“, erklärt Dr. André Fischer, zentraler Beauftragter für Biologische Sicherheit der Charité.
Entsprechend weitreichend sind die Schutzmaßnahmen, um die Ansteckungsgefahr bestmöglich zu eliminieren. „Beim direkten Umgang mit Infizierten tragen wir zum Beispiel Persönliche Schutzausrüstung – virendichte Kittel, Handschuhe und FFP3-Masken“, so Klotzkowski.
Spezielle Schutzmaßnahmen
Die Führungskräfte der Sonderisolierstation wissen in der Regel, mit welchen Biostoffen die Beschäftigten es zu tun haben, und können entsprechende Vorkehrungen treffen. In anderen Bereichen der Charité verfügen die Beschäftigten häufig über weniger Informationen, zum Beispiel in der Notaufnahme: „Oft ist dem Personal hier nicht bekannt, um welchen Erreger es sich handelt.
Bei solchen nicht gezielten Tätigkeiten sind daher der Einsatz von Desinfektionsmitteln, das Tragen von Handschuhen und von Mund-Nasen-Schutz die wichtigsten Schutzmaßnahmen“, erklärt Prof. Dr. Albert Nienhaus, Leiter der Abteilung Arbeitsmedizin, Gesundheitswissenschaften und Gefahrstoffe bei der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtpflege (BGW).
Biostoffe: Diese vier Risikogruppen gibt es
- Dass diese Biostoffe eine Krankheit auslösen, ist unwahrscheinlich.
Beispiel: Essigsäurebakterien - Diese Biostoffe können eine Krankheit hervorrufen und eine Gefahr für
Beschäftigte darstellen. Eine Ausbreitung des Stoffes in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich. Es ist möglich, einer Infektion vorzubeugen oder eine Erkrankung zu
behandeln.
Beispiele: Legionellen, Polioviren - Biostoffe, die eine schwere Krankheit hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können. Die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen. Normalerweise ist eine wirksame Prävention oder Behandlung möglich.
Beispiele: Corona-Virus, HIV - Biostoffe, die eine schwere Krankheit hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen. Die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß. Eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist in der Regel nicht möglich.
Beispiele: Ebola-Viren, Lassa-Viren
Sicherheitsbeauftragte als wichtige Multiplikatoren einbinden
Solche Maßnahmen sind nicht nur im Gesundheitswesen sinnvoll. Auch in der Biotechnologie, der Abfallentsorgung oder der Tierzucht kommen immer mehr Menschen berufsbedingt mit Biostoffen in Berührung – häufig bei nicht gezielten Tätigkeiten. Führungskräfte haben hier die Aufgabe, die Belegschaft für potenzielle Gefahren zu sensibilisieren und mithilfe der Gefährdungsbeurteilung wirksame Schutzmaßnahmen zu organisieren.
„Dabei können sie von Sicherheitsbeauftragten als Multiplikatoren unterstützt werden“, weiß André Fischer. Für sie hält die Universitätsklinik verschiedene Informationsmaterialien im Intranet bereit. „Dazu zählen zum Beispiel Vorträge und Fortbildungen zum richtigen Umgang mit infektiösen Materialien.“
Austausch ist essentiell
Zudem können Führungskräfte Sicherheitsbeauftragte auch bei der Gefährdungsbeurteilung involvieren. Nienhaus bestätigt: „Sie sind häufig viel näher am Arbeitsplatz und an den Mitarbeitenden als Führungskräfte. Funktioniert etwas nicht beim sicheren Umgang mit Biostoffen, entdecken sie das oft früher.“
Für die Arbeitsschutzkultur im Betrieb ist es deshalb entscheidend, dass sich Führungskräfte aktiv mit Sicherheitsbeauftragten austauschen. Das erzeugt eine Atmosphäre, in der offen über Risiken gesprochen werden kann und Gefahren so präventiv eingedämmt werden können.