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Zeitmanagement ist der Schlüssel
Nir Eyals Hypothese: Nur zehn Prozent der Ablenkung beruht auf externen Faktoren. © AdobeStock/AntonioDiaz

Führungskultur : Zeitmanagement ist der Schlüssel

Immer mit den Gedanken woanders? Bestseller-Autor Nir Eyal über Ablenkung, die schlimmsten Zeitfresser und wie wir konzentriert arbeiten können.

Der Terminkalender des US-amerikanischen Autors und Dozenten Nir Eyal ist gut gefüllt: zum einen, weil er viel zu tun hat, zum anderen, weil er seine Zeit bewusst durchplant. Das helfe ihm, strukturiert zu arbeiten und sich nicht ablenken zu lassen, erklärt der Absolvent der Stanford University im Interview.

Portraitfoto von Nir Eyal.
Nir Eyal ist us-amerikanischer Autor und Wirtschaftsexperte © Nir Eyal

Herr Eyal, warum werden wir bei der Arbeit so leicht abgelenkt?

Wir werden nicht unbedingt abgelenkt, vielmehr lassen wir uns gerne ablenken, um der Arbeit zu entfliehen. Das schieben wir gerne auf externe Faktoren wie eine eingehende Nachricht auf dem Smartphone. Jedoch macht das nur zehn Prozent aus. In 90 Prozent der Fälle geht es um innere Faktoren. Und das ist völlig normal. Wir haben den gesunden Umgang mit Dingen wie Langeweile, Müdigkeit und Unsicherheit nicht gelernt, die bei uns Unwohlsein auslösen.

Wie vermeiden wir es, uns von Langeweile und Co. ablenken zu lassen?

Zunächst gilt es herauszufinden, was die Ursache dafür ist, dass wir uns so leicht ablenken lassen. Denn nur wenn wir uns dem stellen, ist es auch möglich, sich nicht ablenken zu lassen. In meinem Buch erkläre ich anhand wissenschaftlich untersuchter Techniken, wie man dann vorgehen kann – zum Beispiel durch ein gutes Zeitmanagement.

Wenn man seinen Tag einteilt, kann man Zeitfenster für alles einplanen: für berufliche Aufgaben und für die Familie genauso wie für Chats, soziale Medien, Meditation und Sport. Solange ich in der von mir gewählten Spanne bleibe, kann ich guten Gewissens diesen Dingen nachgehen, die zu anderen Zeiten eine Ablenkung darstellen.

Sie sagen, zehn Prozent der Faktoren für Ablenkung kämen von außen. Wie können wir diesen am besten entgehen?

Das ist verhältnismäßig leicht. Jeder kann Benachrichtigungen über eingehende Nachrichten auf seinem Smartphone und Computer abstellen. Schwieriger wird es bei Besprechungen. Sie sind oft überflüssig und ineffizient, weil es keine Agenda für sie gibt. Und im Büro sind es vor allem andere Menschen, die uns ablenken, weil sie „kurz eine Frage haben“. Dagegen hilft es manchmal, ein kleines Schild mit „Bin beschäftigt“ aufzustellen.

Hat die Arbeit im Homeoffice während der Pandemie dieses Problem nicht gelöst?

Eigentlich sollten wir zu Hause konzentrierter arbeiten und Anrufe sowie E-Mails leichter ignorieren können. Wir haben aber das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen – und das ist stressig.

Also ist nicht die Technik schuld, wenn wir uns von den ständigen Anrufen und Benachrichtigungen unter Druck gesetzt fühlen?

Nein, es geht um die Arbeitskultur. Es muss möglich sein, eine gewisse Zeit nicht erreichbar zu sein, um konzen­triert arbeiten zu können – das gilt für Führungskräfte wie Beschäftigte. Außerdem braucht es Regeln im Umgang mit der Technik, wie die Pandemie gezeigt hat.

Woran denken Sie da insbesondere?

Es ist schlicht zu einfach, eine virtuelle Besprechung zu beginnen – ein bis zwei Klicks reichen. Dadurch verschwenden wir Stunden auf Probleme, die sich auch in wenigen E-Mails hätten lösen lassen.