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Employer Branding: Mit Werten werben
Unter anderem ist die Beleuchtung für den hohen Energieverbrauch von ­Museen verantwortlich. Für mehr ­Klimaschutz nimmt die Staatsgalerie Stutt­gart jede Glühbirne unter die Lupe. © picture alliance/imageBROKER | Daniel Schoenen

Führungskultur : Employer Branding: Mit Werten werben

Wofür steht unsere Einrichtung eigentlich? Warum sollten sich Bewer­berinnen und Bewerber für uns entscheiden? Mit Employer Branding ­schärfen Einrichtungen ihr Arbeitgeberprofil.

Das Auto stehenlassen und stattdessen mit Bus und Bahn anreisen, um in die Welten von Cranach, Beckmann und Picasso einzutauchen: Leisten Besucherinnen und Besucher der Staatsgalerie Stuttgart diesen Beitrag zum Klimaschutz, erwartet sie eine Belohnung. Wer das Nahverkehrsticket am Einlass vorzeigt, erhält vergünstigten Eintritt in die Ausstellungen der Staatsgalerie und damit in eines der wichtigsten Kunstmuseen Baden-Württembergs.

Nachhaltigkeit ist der Staatsgalerie Stuttgart sehr wichtig

Was auf den ersten Blick eher als nette Geste erscheint, ist Ausdruck einer ernst gemeinten Haltung und Teil eines umfassenden Nachhaltigkeitskonzepts, das die Staatsgalerie seit nahezu zehn Jahren offensiv verfolgt und umsetzt. „Bereits 2014 wurden wir als ­erstes Kunstmuseum Deutschlands nach der weltweit anerkannten Qualitätsnorm ISO 9001 zertifiziert. 2016 erfüllten wir die Anforderungen für weitere wichtige ISO-Normen im Bereich Umwelt und Energie“, erklärt Umweltmanager ­Konstantin Lom.

Bei ihm und dem kaufmännischen Geschäftsführer Dirk ­Rieker laufen die Fäden in Sachen Nachhaltigkeit in der Staatsgalerie zusammen – und das sind nicht wenige. Auf dem Weg zu immer nachhaltigerem Handeln werden von der Restaurierung über die Ausstellungsplanung und Verwaltung bis hin zur Entsorgung alle Abteilungen unter die Lupe genommen. Jeder Geschäftsbereich soll sich im Sinne der Nachhaltigkeit Schritt für Schritt verbessern.

In der Staatsgalerie Stuttgart engagieren sich Umweltmanager Konstantin Lom (links) und Geschäftsführer Dirk Rieker für mehr Nachhaltigkeit.

In der Staatsgalerie Stuttgart engagieren sich Umweltmanager Konstantin Lom (links) und Geschäftsführer Dirk Rieker für mehr Nachhaltigkeit.
 © Staatsgalerie Stuttgart

Engagement nutzen, um die Arbeitgebermarke zu stärken

Mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zahlt die Staatsgalerie auf die 17 Ziele ein, denen sich die Vereinten Nationen mit der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ verpflichtet haben. Darüber ­hinaus ist das ökologische Engagement der öffentlichen Einrichtung ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeitgebermarke geworden.

„In jeder Stellen- und Aufgabenbeschreibung finden sich Tätigkeiten für das Energie- und Umweltmanagement wieder. So wissen alle Bewerberinnen und Bewerber von Anfang an, dass sie ein gewisses Stundenkontingent für Nachhaltigkeit aufbringen müssen und wir gemeinsam für mehr Nachhaltigkeit einstehen“, sagt ­Rieker. Auch auf Social Media, etwa dem Berufsnetzwerk ­LinkedIn, möchte die Staatsgalerie künftig regelmäßig über Errungenschaften für mehr Nachhaltigkeit berichten.

Was die Arbeitgebermarke beeinflusst:

  • Arbeitssicherheit
  • Gesundheitsmanagement
  • Work-Life-Balance
  • Soziale Verantwortung
  • Führungsleitlinien
  • Inklusion und Diversity
  • Nachhaltigkeit
  • Flexible Arbeitsgestaltung
  • Gehalt
  • Karrieremöglichkeiten
  • Attraktivität der Branche
  • Wirtschaftliche Lage
  • Attraktivität des Standortes
  • Einfluss und Größe der Einrichtung
  • Attraktivität der angebotenen Dienstleistung oder Produkte

Jungen Fachkräften ist Nachhaltigkeit bei Unternehmen wichtig

Wenn private und öffentliche Unternehmen gezielt Werte definieren und in ihrer Kommunikationsstrategie berücksichtigen, um gegenüber Beschäftigten sowie Bewerberinnen und Bewerbern attraktiver zu wirken, bezeichnen das Fachleute als Employer Branding. Ökologische und soziale Verantwortung, Inklusion und Diversität, Arbeitsschutz und eine ausgewogene Work-Life-Balance – all das sind Werte, die sich beispielsweise für den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke eignen.

Nachhaltigkeit ist dabei besonders relevant. Das zeigen beispielsweise die Ergebnisse der Universum Student Survey 2021. 
80 Prozent der rund 53.100 befragten Studierenden gaben an, dass Nachhaltigkeit eines der wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Wahl ihres Unternehmens für den Berufseinstieg ist. Demnach stärken Arbeitgebende ihre Anziehungskraft, wenn sie sich für Nachhaltigkeit engagieren, und können sich in Zeiten des Fachkräftemangels besser behaupten.

Employer Branding

Definition und Maßnahmen:

Als Employer Branding bezeichnen Fachleute eine Marketingstrategie, die darauf abzielt, eine anziehende Arbeitgebermarke (Employer Brand) zu schaffen. Anders als beim Personalmarketing oder einer Recruitingstrategie geht es hierbei nicht darum, kurzfristig Wege oder geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Der Ansatz ist ganzheitlich: Mit Employer Branding gestalten und steuern Einrichtungen, wie sie als Arbeitgebende wahrgenommen werden.

Employer Branding wirkt nach außen und innen

Verstaubt oder innovativ, intransparent oder vertrauenswürdig, nah oder distanziert – wie wird die Einrichtung wohl von Beschäftigten sowie von Außenstehenden wahrgenommen? Um eine positive Arbeitgebermarke zu schaffen, sollten Einrichtungen zunächst definieren, wofür sie stehen (und stehen wollen). Anschließend gilt es, geeignete Wege zu finden, um die Werte und Merkmale sichtbar zu machen – und zwar sowohl nach außen als auch in die Einrichtung selbst. Auch Verbesserungen können dabei in Gang gesetzt werden. Employer Branding umfasst demnach unter anderem:

  • Werte und Merkmale definieren
  • Kommunikationsplan erstellen und umsetzen
  • Gute Stellenanzeigen schreiben und richtig platzieren
  • Angenehmen Bewerbungsprozess schaffen
  • Führungs- und Unternehmenskultur verbessern

Gesellschaftlichen Auftrag mit Klimaschutzzielen vereinen

Was vielen Menschen wahrscheinlich gar nicht bewusst ist: Nachhaltig zu handeln, ist für ein Kunstmuseum alles andere als trivial. Jüngst hat eine Untersuchung an der Yale Universität ergeben, dass der Energieverbrauch von Museen mitunter sogar den von Krankenhäusern übersteigt.

Vor allem die Klimatechnik in den Depots und Ausstellungsräumen sowie die Beleuchtung treiben den Energieverbrauch in Kunstmuseen nach oben, ebenso der internationale Leihverkehr – also der Transport von Kulturgütern auf der Straße oder über den Luftweg. Dem gesellschaftlichen Auftrag nachzukommen – Kulturgüter sicher verwahren, der Öffentlichkeit zugänglich machen und gleichzeitig Umwelt und Klima schützen –, das sieht Dirk ­Rieker als herausfordernde Aufgabe an.

In starker Konkurrenz stehen diese beiden Aufgaben aber nicht. Schließlich bedroht der Klimawandel letztendlich auch die Gemälde und Skulpturen der Staats­galerie. „Wir beschützen Kulturgut durch unsere Klimaschutzmaß­nahmen“, betont Rieker.

Die Fassade der Staatsgalerie Stuttgart. Sie ist mit bunten Elementen verziert.
Kulturgüter schützen und dabei Klima und Ressourcen schonen – diese Ziele ver­eint das Nachhaltigkeitskonzept „Green ­Culture“ der Staatsgalerie Stuttgart. © Staatsgalerie Stuttgart

Staatsgalerie Stuttgart klopft alles auf Klimaverträglichkeit ab

Nicht ohne Stolz berichtet Umwelt­manager Konstantin Lom, was bereits alles getan wurde, um die Staatsgalerie nachhaltiger zu machen. Als Beispiele nennt er die Umstellung auf LED-­Beleuchtung, eine energetische Dachsanierung, die ausschließliche Verwendung von Elektrogeräten mit bester Energiesparklasse und eine strikte Meidung von Inlandsflügen bei Dienstreisen.

Zudem wird jede Ausstellung auf ihre Umweltauswirkungen abgeklopft und möglichst klimafreundlich geplant. Lom erläutert: „Wir prüfen auch, ob es notwendig ist, ein Originalkunstwerk nach Stuttgart zu bringen, oder ob auch eine digitale Ansicht ausreichen würde.“ Künftig sollen Ausstellungen vollständig klimaneutral sein.

Wie Führungskräfte zum Employer Branding beitragen können

Employer Branding ist mit hohen Erwartungen an Führungskräfte verknüpft. Denn Führungsstil und Führungskräfteverhalten beeinflussen maßgeblich, ob sich Beschäftigte in einer Einrichtung oder Behörde wohlfühlen.

Zufriedene und treue Beschäftigte wiederum sind für Unternehmen das beste Aushängeschild. Sie sorgen dafür, dass Außenstehende die Einrichtungen als attraktive Arbeitgebende wahrnehmen.

Was einen guten Führungsstil unter anderem auszeichnet:

  • Beschäftigten Vertrauen schenken und sie dabei unter­stützen, Verantwortung zu übernehmen und selbst­ständig arbeiten zu können
  • Eine offene Gesprächs- und positive Fehlerkultur ­etablieren und pflegen
  • Die Talente jedes Teammitglieds ausschöpfen beziehungsweise fördern, sowie Aufgaben entlang der Stärken und Schwächen des Teams verteilen
  • Für Diversität, Gleichberechtigung, Familienfreundlichkeit, Nachhaltigkeit und andere Werte einstehen

Klicktipp: Die DGUV Information 206-036 informiert darüber, wie Führungsleitlinien erstellt und umgesetzt werden

Einsatz für mehr Nachhaltigkeit sichtbar machen

Gesprächs- und Vortragsreihen über Nachhaltigkeit veranstalten, auf der Website einen eigenen Bereich für Nachhaltigkeitsthemen einrichten und auf Social Media über Maßnahmen und Erfolge berichten: Die Staatsgalerie Stuttgart kann sich vieles vorstellen, damit Umwelt- und Klimaschutz noch stärker mit ihrem Namen verwachsen ist – eine gute Strategie, um eine Arbeitgebermarke mit anziehenden Werten zu schaffen.