Führungskultur : Wie Führungskräfte Meetings sinnvoll planen
Aus der Nische in den Fokus der Wissenschaft: Prof. Dr. Nale Lehmann-Willenbrock von der Universität Hamburg belegt mit Publikationen wie „The Cambridge Handbook of Meeting Science“, wie zentral eine gute Meeting-Kultur für Unternehmen und Einrichtungen ist. Und liefert mit ihrer Forschung Tipps und Anregungen für Führungskräfte gleich mit.
Frau Prof. Dr. Lehmann-Willenbrock, sind Meetings tatsächlich eine Wissenschaft für sich?
Mittlerweile kann man das so sagen. Früher war das Thema lediglich Mittel zum Zweck zur Erforschung von Teamprozessen. Aber mit der Corona-Pandemie war Meeting-Kultur plötzlich im Arbeitsalltag omnipräsent. Denn Meetings gehörten zu den ersten Arbeitsprozessen, die schnell angepasst werden mussten. Und die Forschung ist mit aufgesprungen. Corona war nur ein Brandbeschleuniger, das Thema hätte längst mehr Aufmerksamkeit bedurft.
Eines Ihrer Forschungsergebnisse lautet: Meeting-Kultur hat direkte Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg. Wie ist das zu verstehen?
Die Ergebnisse müssen vorsichtig gelesen werden. Ich behaupte nicht, dass ich mir ein Meeting anschauen und dann bestimmen kann, wie der Erfolg der kommenden Jahre ausfällt. Vielmehr ist Meeting-Kultur wie ein Blick durch die Lupe: Agiert die Führungskraft eher partizipatorisch oder von oben herab? Kommen alle zu Wort oder nur einzelne? Wie werden Ideen entwickelt? Wie ist die Stimmung? All das sagt viel über die Unternehmensrealität aus. Und die ist mitverantwortlich dafür, ob Beschäftigte gerne dort arbeiten oder lieber in eine andere Organisation wechseln. Womit wir beim Thema Erfolg wären.
Was umfasst der Begriff Meeting-Management – der in vielen Teams gar nicht präsent ist?
Dazu gehören alle Tätigkeiten vor, während und nach dem Meeting, von der Planung von Format, Teilnehmenden, Moderation und Agenda bis zur Dokumentation und dem Umsetzen der Ergebnisse. Und auch mal die Nachfrage, wie die Teilnehmenden das Meeting fanden. Wichtig ist: Meeting-Management ist eine Tätigkeit, keine Position. Die sollte nicht nur von den Führungskräften geschultert werden – vielmehr sollten diese das ganze Team einbeziehen. Für erfolgreiche Meetings fühlen sich bestenfalls möglichst viele Personen verantwortlich. In einem hybriden Format kann etwa eine Person die digital Teilnehmenden im Blick haben und eine andere diejenigen in Präsenz.
Im New-Work-Denkansatz ist eine klare Aufgabenverteilung in Meetings üblich, ebenso Agenda, Moderation und feste Regeln, etwa ein Check-in (Wie geht es mir?). Ist dieses Modell massentauglich?
Standardisierte Check-in-Fragen sind eine Möglichkeit, mehr Partizipation in Meetings zu fördern und damit auch mehr gemeinsame Verantwortung für die Inhalte. Das passt aber nicht für jedes Team und jede Agenda. Statt Beschäftigten ein Modell einfach überzustülpen, sollten Verantwortliche in den Austausch gehen. Und sagen: „Wir probieren diese Struktur jetzt mal aus.“ Danach wird gemeinsam evaluiert. Arbeitgebende müssen nicht jedem Trend hinterherrennen, sondern die individuell passende Meeting-Struktur finden.