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Zeit für Führung: Tipps für das Selbstmanagement
Organisatorische und fachliche Aufgaben halten Vorgesetzte oft davon ab, sich ihren eigentlichen Führungsaufgaben zu widmen. Dann kann es sinnvoll sein, den eigenen Führungsstil zu hinterfragen. © Adobe Stock/David

Führungskultur : Zeit für Führung: Tipps für das Selbstmanagement

Führungskräfte sind meist in viele Projekte eingebunden. Für eigentliche Führungs­aufgaben bleibt dann oft kaum noch Zeit. Doch das lässt sich ändern.

Was ist wohl die wichtigste Aufgabe von Führungs­kräf­ten? Die Antwort ist vermeintlich leicht: Führen! Damit sind das Schaffen guter Rahmenbedingungen sowie die Weiterentwicklung des Teams und der Organisation gemeint. Ausgerechnet dafür fehlt Vorgesetzten aber oft die Zeit. Zu viele fachliche Aufgaben füllen den Terminkalender. Gerade heute erfordern jedoch neue Arbeitsformen, wie hybrides Arbeiten und Homeoffice, ­sowie Veränderungsprozesse Führungs­kräfte, die für ihre Beschäftigten da sind, sie motivieren, begleiten und ­fördern. Nur, wenn sie dazu ­genügend Zeit haben, können Ver­änderungen gut gemeistert werden.

Um sich die Zeit für Führung nehmen zu ­können, sollten Führungs­kräfte sich ihre Gestaltungsspielräume bewusst machen, so die Einschätzung von Dr. Marlen Cosmar vom Institut für ­Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG). Sich und seine Aufgaben selbst zu ­reflektieren, sei für ein besseres Selbst­management essenziell.

Tipp zum Weiterlesen

Den eigenen Führungsstil hinterfragen und verbessern: Dabei unterstützt die DGUV Publikation Führung – Sicher und gesund durch kulturorientierte Führung.

Die eigene Gesundheit im Blick

Sich freie Zeit für Führung zu verschaffen, bedeutet nicht, von heute auf morgen alles ­abzusagen oder keine einzige inhalt­liche Aufgabe mehr zu übernehmen. „Schon graduelle ­Änderungen reichen aus. Es geht darum, neue Ansätze erst einmal zu testen, ohne dass gleich ein riesiger Schaden entstehen würde“, rät ­Cosmar. Zehn Prozent der Arbeitszeit dafür zu verwenden, sich mit den ­Beschäftigten zu befassen, sei ein ­guter erster Schritt, wenn man sich vorher kaum Zeit dafür genommen hat.

Auch mit Blick auf die eigene Gesundheit ist das gut. Wenn man ständig das Gefühl hat, von Termin zu Termin zu hetzen, kann das ein ernst zu neh­mender Stresszustand sein. Langfristig könne sich das negativ auswirken, etwa auf das Immunsystem, den Schlaf oder die Psyche, warnt die ­Expertin.

Mikromanagement vermindern

Zunächst sollten sich Führungskräfte vor Augen führen, welche Aufgaben ­ihren Arbeitsalltag besonders stark ­bestimmen. Dies kann die Arbeits­organisation sein. „Führungskräfte ­gestalten mehr oder weniger stark den Arbeitsalltag von Beschäftigten. Sie arrangieren Zusammenkünfte, sie ­geben Arbeitsabläufe und Termine vor“, nennt Cosmar Beispiele. Wie detailliert eine Führungskraft den Tagesablauf von Beschäftigten beeinflusst, hängt von der Art der Orga­nisation und vom persönlichen Führungsstil ab.

Wirken Führungskräfte sehr stark auf den ­Aufgabenbereich von Beschäftigten, geben viele und detail­lierte Arbeits­anweisungen, wird dies als Mikro­management bezeichnet. Ein solcher Führungsstil kann ­Beschäftigte nicht nur demotivieren, sondern ist für Führungs­kräfte sehr zeitintensiv. „Sie müssen gar nicht immer wissen, ­woran Beschäftigte gerade arbeiten. Dem ­modernen ­Führungsverständnis nach sollten ­Beschäftigte so selbstständig wie möglich arbeiten“, so Cosmar.

Liebgewonnene Themen abgeben für mehr Zeit für Führung

Ebenfalls übernehmen Führungs­kräf­te häufig fachliche Aufgaben. „Viele kommen aus einer Fachkarriere in eine Führungsposition. Diese Fachexper­tise wird von anderen auch wahr- und in Anspruch genommen“, erklärt Cosmar. Das führt dazu, dass Führungskräfte in viele ­Projekte einbezogen werden, um ­beispielsweise Ergebnisse fachlich zu bewerten.

Das sei aber zu überdenken, meint die Arbeitspsychologin: „Viele Beschäf­tigte sind heutzutage selbst ­hoch ­spezialisiert und Fachleute auf ihrem Gebiet. Dass alles Wissen bei der ­Führungskraft liegt, ist meist gar 
nicht gegeben.“ Sehr wohl sollten ­Führungskräfte aber wissen, wer wann und zu welchen Inhalten anzusprechen ist. Sich in der Organisation gut ­aus­zu­kennen und die richtigen Ansprech­personen zu vermitteln, ist die eigent­liche Führungsaufgabe. Sich selbst zurück­zunehmen, fällt Füh­rungs­kräften häufig schwer. „Manchmal ­wollen sie die inhaltlichen Auf­gaben gar nicht in einem größeren Umfang ­abgeben. Viele haben ‚ihr Baby‘, das sie nicht loslassen möchten. Das ist verständlich“, sagt Cosmar.

Bevor Beschäftigte eine Führungsrolle übernehmen, sollten sie deshalb genau prüfen, ob sie sich weiterhin in gewohntem Maße ihren inhaltlichen Aufgaben widmen möchten. Wer nicht von den lieb gewonnenen Themen lassen möchte, wird in einer Führungsposi­tion vielleicht auf Dauer unglücklich.

Ideen

Vier Tipps für ein besseres Zeitmanagement

  1. Bewusst planen: Am Arbeitstag zwischendurch immer wieder zu über­legen, was denn nun als Nächstes ansteht, kostet Zeit. Stattdessen am Morgen den Tag in Ruhe planen und sich vornehmen, was man genau wann schaffen möchte.
  2. Termin mit sich selbst: Im Kalender mithilfe der Termin-Funktion Zeit für ­bestimmte Aufgaben ­blocken. So bleiben sie im Blick und die Zeit wird von anderen ­Terminen frei­ gehalten.
  3. Bitte nicht stören: Konzentriertes Arbeiten gelingt besser, wenn Telefon und E-Mail-Posteingang nicht dazwischenfunken. Empfehlenswert ist es, ­Signaltöne und andere ­Benachrichtigungen hin und wieder zu deaktivieren.
  4. Bündeln: Aufgaben gleicher Art sollten gebündelt in einem Schwung erledigt werden – zum Beispiel E-Mails beantworten, Bewerbungen sichten oder Telefonate führen. Das geht schneller, als immer wieder neu anzusetzen.

Aktiv die eigene Rolle hinterfragen

Führungskräfte sollten offen dafür sein, die eigenen ­Aufgaben zu reflektieren. Um sich mehr Zeit für andere Aufgaben zu verschaffen, können sie sich die ­Fähigkeiten der Beschäftigten zunutze ­machen und sie gegebenenfalls fachlich weiter qualifizieren. „Es ist auch wichtig, das nicht als Wegschieben von Verantwortung oder Arbeitslast zu verstehen. Vielmehr geht es darum, Potenziale zu heben. Das kann sogar dazu führen, dass Auf­gaben effizienter laufen, wenn mit der Führungskraft eine Schnittstelle wegfällt und weniger Personen ­involviert sind.“

Um solche Potenziale zu heben, ist es wichtig, dass sich Führungskräfte regel­mäßig mit Beschäftigten zu­sammenzusetzen. Das kostet zwar Zeit – doch ist es Zeit, die ein Team, eine ­Abteilung oder eine Organisation ­wieder reinholt, weil sich die Zu­sammenarbeit langfristig verbessert.