Gesundheitsschutz : Ausbildung psychologische Erstbetreuung: „Eine fachliche Voraussetzung gibt es nicht“
Frau Gehrke, welche Voraussetzungen sollten Menschen für die Ausbildung zur psychologischen Erstbetreuung mitbringen?
Eine stabile Persönlichkeit und ein souveränes Auftreten sind von Vorteil. Interessenten sollten außerdem in der Lage sein, gut zu kommunizieren und selbstständig in Gespräche hineinzugehen. Und sie müssen Konflikte aushalten können. Nicht zuletzt ist es hilfreich, wenn sie in der Belegschaft anerkannt sind, also einen gewissen Stand haben. Und natürlich ist es wichtig, dass die Teilnahme an der Ausbildung freiwillig ist. Eine fachliche Voraussetzung gibt es nicht.
Welche Inhalte kommen auf die Teilnehmenden eines Ausbildungsseminars zur psychologischen Erstbetreuung zu?
Zunächst einmal geht es darum, den Aufgabenbereich der psychologischen Erstbetreuung zu definieren und von anderen psychosozialen Hilfen – wie zum Beispiel der Psychotherapie – abzugrenzen. Die betrieblichen Erstbetreuenden sollen lernen, wann ein Ereignis das Potenzial hat, Traumata auszulösen, und wie in der konkreten Situation vorzugehen ist.
Welche Ausstattung vor Ort gebraucht wird und wie er oder sie in der Extremsituation am besten kommuniziert, verbal und nonverbal. Wie man dafür sorgt, dass Betroffene sich in Sicherheit fühlen und sie bestärken kann, in ihren Alltag zurückzukehren.
Nach der Ausbildung sind Ersthelfende dann idealerweise in der Lage zu erkennen, wann professionelle psychologische oder medizinische Hilfe hinzugezogen werden sollte, und wissen, wann es sich um einen meldepflichtigen Arbeitsunfall handelt und wann eine Unfallanzeige gestellt werden sollte, um Unterstützung seitens der Unfallversicherung zu erhalten.
Worauf achten Führungskräfte am besten?
Dass externe Anbieter die DGUV-Mindeststandards zur Ausbildung erfüllen. Zudem wäre es Führungsaufgabe, das Ehrenamt der psychologischen Erstbetreuung in ein betriebliches Konzept einzubinden. Es muss Notfallplan und Rettungskette umfassen, eine Grundausstattung oder auch die Frage, wie Ersthelfende im Notfall freigestellt werden oder welches Fahrzeug sie benutzen dürfen.
Weil Extremereignisse glücklicherweise selten auftreten und daher wenig betriebsinterne Erfahrung aufgebaut wird, kann es für Unternehmen und Einrichtungen auch sinnvoll sein, auf eine interne Besetzung zu verzichten und sich stattdessen mit professionellen externen Anbietern zu vernetzen. Von dort kann man im Bedarfsfall Hilfe anfordern. Bei der Suche nach geeigneten Anbietern können die Unfallkasse und der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen unterstützen.
Gut zu wissen
Die Mindeststandards der DGUV für die betriebliche psychologische Erstbetreuung:
Die Ausbildung sollte mindestens 16 Lehreinheiten umfassen, üblicherweise aufgeteilt auf zwei halbe und einen ganzen Tag. Inhalte sind: Einsatzkriterien sowie Aufgaben und Rollen der Erstbetreuenden definieren, außerdem die rechtlichen Hintergründe der betrieblichen psychologischen Erstbetreuung klären. Neben der Vermittlung theoretischer Inhalte stehen praktische Übungen und Simulationsszenarien im Vordergrund.
Dozierende sollten ein Universitäts-Diplom oder einen Master in Psychologie oder eine gleichwertige Ausbildung mitbringen, außerdem eine Weiterbildung im Bereich Notfallpsychologie haben und mindestens drei Jahre Erfahrung in der psychologischen Erstbetreuung. Außerdem sollten sie Kenntnis des aktuellen Standes der wissenschaftlichen Diskussion zu dem Thema haben und über Branchenkenntnisse sowie Kenntnisse über spezifische Konzepte der Organisationen verfügen, für die sie die Ausbildung durchführen.
Die Dozierenden sollten die Rahmenbedingungen der gesetzlichen Unfallversicherung kennen und hierzu informieren können. In Unternehmen müssen organisatorische Rahmenbedingungen für eine wirksame psychologische Erstbetreuung geschaffen werden.