Link to header
Schutz vor Hitze in der Stadt
Zum Schutz der Gesundheit gilt es, Wärmebelastung zu verringern, zum Bespiel durch Sonnenschirme. © Adobe Stock/ Ikril, raufeld (Bildmontage)

Gesundheitsschutz : Schutz vor Hitze in der Stadt

Hitzewellen nehmen zu. Kommunen versuchen, Bevölkerung und Beschäftigte vor den Folgen zu schützen. Dabei helfen Hitzeaktionspläne, wie die Stadt Jena zeigt.

Deutschland erlebte 2023 und 2024 laut Deutschem Wetterdienst (DWD) jeweils einen Allzeitrekord in der Jahresmitteltemperatur. Mit den Temperaturen nahm in den vergangenen Jahren auch die Zahl der Hitzewellen zu. 2024 gab es laut DWD mehr als 50 Tage, an denen bundesweit mehr als 25 Grad gemessen wurden. Die Folgen des Klimawandels machen sich also hierzulande bereits deutlich bemerkbar, verdeutlichte der DWD auf seiner Klimapressekonferenz im April 2025. Großstädte und Ballungsräume sind von den Risiken, die durch hohe Temperaturen entstehen, besonders betroffen, weil hier mehr Menschen auf engem Raum leben und sich die Hitze häufiger staut. Vor allem vulnerable Bevölkerungsgruppen sind durch die Hitze gefährdet. Denn mit den Temperaturen steigt auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Problemen. Für Kommunen in Deutschland eine Herausforderung – zum einen müssen sie die Risikogruppen schützen, zum anderen die eigenen Beschäftigten.

Viele Städte und Gemeinden reagieren auf diese Entwicklung und stellen Hitzeaktionspläne auf. So zum Beispiel Jena: Die Stadt gehört bereits zu den wärmsten Orten Thüringens. Sie liegt im mittleren Saaletal, in dem sich warme Luft stauen kann, weil die nahen Mittelgebirge Winde abschwächen. Um für Hitzeperioden besser gewappnet zu sein, begann eine Steuerungsgruppe der Verwaltung in Abstimmung mit dem Stadtrat, ein umfassendes, gesamtstädtisches Konzept zu entwickeln.

Schwarz-Weiß-Porträt von Kathleen Lützkendorf und Daniel Knopf von der Stadt Jena, die für den Hitzeaktionsplan von Jena zuständig sind. Beide lachen in die Kamera. Knopf hat kurze Haare, Dreitagebart und trägt einen Pullover, Lützkendorf hat lange, glatte Haare und trägt einen hellen Blazer.
Kathleen Lützkendorf, Dezernentin für Soziales, Gesundheit, Zuwanderung und Klima der Stadt Jena, und Daniel Knopf, Klimaanpassungskoordinator. © Stadt Jena

 

In die Planungen sind viele verschiedene Stellen eingebunden, damit alle miteinander vernetzt sind und ihre Rolle kennen. „So kann zum Beispiel die Altenhilfe Hand in Hand mit der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz arbeiten“, sagt Daniel Knopf, Deutschlands erster Klimaanpassungskoordinator und bei der Stadt Jena damit das Pendant zu einem Klimaschutzmanager.

Zentrale Punkte des mehr als 100 Seiten langen Hitzeaktionsplans sind, Zuständigkeiten zu klären, Handlungsabläufe für den Fall einer Hitzeperiode festzulegen und Hitzeprävention im Stadtgebiet zu stärken. „Wir legen zum Beispiel eine Meldekette fest, welche Stellen wann miteinander kommunizieren und wie die weitere Risikokommunikation verläuft“, so Knopf.

50 Tage und mehr

überschritt das Thermometer allein 2024 bundesweit die Marke von 25 Grad.

Mit im Mittel 10,9 Grad war 2024 hierzulande das bisher wärmste Jahr seit Messbeginn 1881. Durch das Temperaturplus der vergangenen Jahre wird Deutschland mit mehr Hitzewellen konfrontiert.

Quelle: Klimapressekonferenz 2025 des Deutschen Wetterdienstes

Hitzewarnungen an Einrichtungen und für die Bevölkerung

Wann die Kette in Gang gesetzt wird, orientiert sich an den Hitzewarnungen des DWD. Dieser warnt im Vorhinein vor heißen Tagen. Die erste Warnstufe wird bei einer erwarteten gefühlten Temperatur von etwa 32 Grad ausgelöst. Aber auch Faktoren wie die nächtliche Temperatur von Innenräumen bezieht der DWD mit ein, da in warmen Nächten die Schlafqualität leidet. Die zweite und höchste Warnstufe gilt bei einem Wert von gefühlten 38 Grad. Das Jenaer Konzept sieht für den Fall einer Hitzewarnung vor, dass von zentraler Stelle aus Einrichtungen benachrichtigt werden, in denen sich Angehörige vulnerabler Gruppen aufhalten, etwa in Pflegeheimen oder Kitas. Zugleich ist geplant, auch die breite Bevölkerung zu informieren, zum Beispiel über Bildschirme im ÖPNV.

Hitzerisiken vorbeugen

Städte und Gemeinden können sich auf unterschiedlichen Ebenen auf Hitzeperioden vorbereiten. Die Präventionsmaßnahmen lassen sich in einem Hitzeaktionsplan bündeln.

Informieren und aufklären:

  • auf Website der Stadt
  • mit einer App
  • in Broschüren
  • auf Informationsveranstaltungen

Organisatorische Maßnahmen:

  • Warnkette für relevante Stellen etablieren (bei Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes)
  • Warnungen für Bevölkerung (Hitzetelefon, ÖPNV-Info-Bildschirme)
  • Kühle Orte definieren, zum Beispiel Kirchen und Rathäuser

Bauliche Maßnahmen für kommunale Flächen und Gebäude:

  • Trinkwasserbrunnen installieren
  • Flächen entsiegeln und begrünen
  • Für Verschattung von Gebäuden sorgen
  • Lüftungs- oder Klimaanlagen einbauen

Qualifizieren zu Risiken und Schutzmaßnahmen:

  • Personal von Einrichtungen wie Kindergärten und Altenwohnheimen
  • Verwaltungspersonal
  • Ehrenamtliche, die in betroffenen Einrichtungen tätig sind oder im Rahmen einer Hitzepatenschaft (Einkaufshilfe in der Nachbarschaft, Trinkerinnerungen)

Klicktipp: Mehr Infos beim Deutschen Städtetag

Technische Maßnahme: Eine Verschattung von Gebäuden schützt diese davor, sich bei lang anhaltender Hitze zu erwärmen. © Adobe Stock/ Michal, raufeld (Bildmontage)

 

Maßnahmen zur Hitzeprävention wiederum sind mittel- bis langfristig angelegt. „Dazu zählt, dass wir Trinkbrunnen installieren, die den Zugang zu Wasser erleichtern, aber auch Verschattungen von Flächen und Gebäuden vorantreiben, damit sich diese nicht so stark aufheizen“, sagt Kathleen Lützkendorf, Dezernentin für Soziales, Gesundheit, Zuwanderung und Klima der Stadt Jena. Viele bauliche Maßnahmen sind allerdings bereits in der Klimaanpassungsstrategie verankert, die die Stadt vor mehr als zehn Jahren erarbeitet hat.

Hilfreich für den Hitzeaktionsplan war zudem ein Pilotprojekt: Bei zehn kommunalen Kitas und zehn kommunalen Grundschulen war die Wärmebelastung im Gebäude und auf den dazugehörigen Außenflächen gemessen worden. Anschließend wurden Präventionsmaßnahmen ergriffen. „Es hat sehr geholfen, Schulhöfe zu begrünen und Flächen zu entsiegeln, aber auch Sonnenschutz anzubringen – selbst bei denkmalgeschützten Gebäuden“, berichtet Knopf, der in das Pilotprojekt eingebunden war. Davon profitieren die Kinder und Jugendlichen – aber auch die Beschäftigten.

Ein Trinkbrunnen vor blauem Hintergrund, oben ragt ein Sonnenstrahl ins Bild.
Trinkbrunnen verbessern die Versorgung mit Wasser an heißen Tagen. © Getty Images/ Kamele Onmedia

Maßnahmen schützen zugleich Risikogruppen und Beschäftigte

Viele der gemachten Erfahrungen lassen sich auf andere Einrichtungen wie Pflegeheime übertragen. Auch dabei soll der Hitzeaktionsplan helfen. „Er liefert eine Vorlage, an der sich Unternehmen und Einrichtungen der Stadt orientieren können“, so Lützkendorf. Denn städtische Kliniken, Kindertageseinrichtungen und Verwaltungen sollten einen eigenen Hitzeschutzplan aufstellen, der die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt. Auch hier gilt: Viele Maßnahmen schützen nicht nur die Risikogruppen, sondern zugleich die Beschäftigten. Wenn zum Beispiel in einem Krankenhaus Patientinnen und Patienten von aufgeheizten Räumen an kühlere Orte verlegt werden, kommt dies auch den Mitarbeitenden zugute, die diese Menschen betreuen.

Zum Schutz der Beschäftigten macht die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) bereits konkrete Vorgaben. Dazu gehört, dass ab 26 Grad Lufttemperatur in Arbeitsräumen geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden sollen und ab 30 Grad solche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Welche das sind, sollten Verantwortliche in der Gefährdungsbeurteilung ermitteln – eine Aufgabe, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oft an Führungskräfte delegieren.

Führungskräfte sollten sich mit anderen Fachpersonen beraten

„Es gilt das TOP-Prinzip, nach dem technische vor organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen kommen. Entscheidend ist dabei, dass am Ende Beschäftigte vor Wärmebelastung geschützt werden“, sagt Sebastian Dohm, Referent im Sachgebiet Innenraumklima des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA). Wenn es bereits durch regelmäßiges Lüften in den kühlen Morgenstunden gelingen könne, die Temperatur so zu senken, dass am Tag die 26 Grad nicht überschritten würden, brauche es nicht unbedingt eine Klimaanlage. Dohm rät Führungskräften, sich mit der zuständigen Fachkraft für Arbeitssicherheit zu beraten. Diese habe im Blick, welche Lösungen effektiv und zugleich gut umsetzbar sind.

Gut zu wissen: Beschäftigte in Innenräumen vor Wärme schützen

  • Die Technische Regel ASR A3.5 „Raumtemperatur“ schreibt bauliche Voraussetzungen für Gebäude vor, die vor sommerlicher Wärme schützen (etwa Dämmung).
  • Ab einer Lufttemperatur von 26 Grad sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Wärmebelastung für Beschäftigte zu verringern. Ab 30 Grad sind solche Maßnahmen verpflichtend.
  • Mögliche Maßnahmen reichen von technischen Lösungen, wie die Lüftungsanlage zur Nachtauskühlung zu nutzen und Ventilatoren bereitzustellen, über organisatorische, wie flexible Arbeitszeiten und Getränke bereitzustellen, bis hin zu personenbezogenen wie Lockerung der Kleidungsregeln und sommertaugliche Arbeitskleidung.

Klicktipp: Weitere Infos zur ASR A3.5 auf der Seite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

Ähnliches gilt auch für organisatorische und personenbezogene Maßnahmen. Bei deren Umsetzung sind Führungskräfte besonders gefordert. In diese Kategorien fällt zum Beispiel, über die Risiken von Wärme zu informieren, Getränke bereitzustellen oder Arbeitszeit und Arbeitsort flexibel zu gestalten. „An heißen Tagen nicht ins Büro zu kommen, sondern im Homeoffice zu arbeiten, ist aber nicht immer die beste Lösung“, warnt der Experte vom IFA. Denn Beschäftigte, die freiwillig mobil oder im selbst eingerichteten Homeoffice arbeiten, sind dort selbst für die Raumtemperatur zuständig.

Ein Sonnenschutzhelm mit Nackenschutz aus blauem Stoff vor blauem Hintergrund. Darauf stilisierte UV-Strahlen.
Personenbezogene Maßnahme: Eine Kopfbedeckung schützt die Haut und hält den Kopf kühl. © Adobe Stock/ Rose Makini

 

Bei den Hitzeaktionsplänen ihrer Kommune können sich Führungskräfte ebenfalls einbringen. „Es handelt sich um ein Querschnittsthema, das fast alle Fachabteilungen auf die eine oder andere Weise betrifft“, sagt Dezernentin Lützkendorf. In Jena sind große Teile der Verwaltungsspitze bereits in die Erstellung des Hitzeaktionsplans eingebunden. Aber auch die Führungskräfte in den Dezernaten und Fachabteilungen sind für das Thema sensibilisiert. „Die Kommunikation zum Thema funktioniert ziemlich gut – bis in die Fachdienste hinein“, so Knopf.

Wenn der Hitzeaktionsplan vom Stadtrat ratifiziert ist, geht es an die Umsetzung. Zu dieser gehört auch, dass die Maßnahmen regelmäßig evaluiert werden. Außerdem ist eine Übung geplant, bei der mit allen städtischen Beteiligten und den Rettungsdiensten geprobt wird, ob die Informationsketten im Falle einer Hitzeperiode funktionieren.