Arbeitssicherheit : Bringen Roboter die erhoffte Erleichterung?
Puderzucker oder Ahornsirup? Vera Schneider entscheidet sich für das Zweite – per Klick auf das vor ihr liegende Tablet. Umgehend greift „Care-O-bot“ den passenden Behälter und bestreut die vor ihm liegende Waffel. Während die Seniorin vom Service-Roboter versorgt wird, kann Pflegebereichsleiter Jochen Schwartz seinem menschlichen Personal andere Aufgaben zuteilen. Das Beispiel aus einem Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, in dem Care-O-bot im Praxiseinsatz getestet wird, zeigt: Roboter könnten in Zukunft Pflegeheime und Kliniken entlasten, indem sie Pflegekräften Aufgaben abnehmen.
Dieser Meinung ist auch Dr. Birgit Graf, Leiterin der Gruppe Haushalts- und Assistenzrobotik am IPA. „Aus der Zusammenarbeit mit Pflegekräften kennen wir deren Bedarfe nach unterstützender Technologie sehr gut“, erklärt die Wissenschaftlerin. Zwar handelt es sich beim Care-O-bot noch um einen Prototyp, doch sind Vorteile schon absehbar: „Der größte Gewinn solcher Service-Roboter ist, dass sie Pflegekräfte zeitlich und körperlich entlasten können. So kann sich das Personal besser auf die eigentlichen Pflegetätigkeiten konzentrieren“, sagt Graf.
Bevor Kliniken und Pflegeheime den Roboter einsetzen können, gibt es allerdings Hürden zu überwinden, wie die Forscherin weiß: „Ein technisch perfekter Roboter wird überflüssig, wenn ihn die Pflegekräfte nicht bedienen können. Eine der Herausforderungen dabei ist, dass wir hier Maschinen für eine Branche entwickeln, die weitgehend technikfern ist.“ So habe das Personal weder bereits mit Robotern gearbeitet noch sei das räumliche Umfeld auf Roboter ausgelegt.
Körperliche Entlastung für das Personal
Andernorts sind robotische Assistenzsysteme bereits etabliert, zum Beispiel in der BG Unfallklinik Murnau. Hier unterstützt VEMO (Very Early Mobilization) der Firma Reactive Robotics die Frühmobilisation von Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation. Ziel ist es, nach Operationen oder Unfällen die Rehabilitation durch Vertikalisierung und Bewegungsübungen zu beschleunigen.
Üblicherweise führen die Genesenden Letztere an der Bettkante stehend aus. Dabei ziehen sie manchmal versehentlich Medikamentenleitungen heraus, was lebensgefährlich werden kann. „Beim VEMO-System entfällt dieses Risiko, weil die Mobilisation direkt mit dem am Krankenbett angedockten Roboter stattfindet. Dafür wird ein spezielles Geschirr im Oberschenkelbereich angebracht, das dann so etwas wie Treppensteigen simuliert“, erklärt Wolfram Popp, Leiter der Intensivstation.
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Roboter bald flächendeckend in der Pflege
Von VEMO profitieren aber auch die Pflegekräfte: „Bei einem 120 Kilogramm schweren Patienten wiegt allein das Bein um die 30 Kilogramm. So ein Gewicht im Rahmen der Mobilisation zu bewegen, ist sehr anstrengend. VEMO bringt hier eine große körperliche Entlastung für die Pflegekräfte, da sie Patientinnen und Patienten nun nicht mehr manuell transferieren müssen.“
Auch die Zahl des notwendigen Personals ist geringer: Statt bis zu vier Pflegekräften seien mit VEMO nur maximal zwei involviert. Dass das Therapiesystem bald auch in anderen Krankenhäusern zum Einsatz kommt, davon ist Popp überzeugt: „Zwar ist VEMO keine endgültige Lösung für den Pflegekräftemangel, weil auch hier geschultes Personal benötigt wird. Dennoch bietet diese Technik Pflegekräften eine große Entlastung und ermöglicht eine viel bessere Qualität der Frühmobilisation. Ich denke, dass sich diese Technik in den nächsten Jahren flächendeckend in Deutschland ausbreiten wird.“