Führungskultur : Offboarding: Gelungener Abgang
Der Arbeitsvertrag läuft aus, ein neues Jobangebot wurde angenommen oder der wohlverdiente Ruhestand beginnt: Jedes Arbeitverhältnis endet irgendwann. Damit der Austritt eines Teammitglieds strukturiert und harmonisch abläuft, sind insbesondere die Führungskräfte gefragt. „Es lohnt sich, vorbereitet zu sein. Idealerweise wird im Unternehmen ein Offboarding-Prozess unabhängig von einem konkreten Fall etabliert“, sagt Hannah Huxholl vom Referat Gesundheit im Betrieb, Nationale Präventionsstrategie der DGUV. „Checklisten zum Abhaken können beispielsweise helfen, alle Aspekte im Blick zu haben.“
Offen kommunizieren, Kritik annehmen, Chancen erkennen
Viele Punkte einer solchen Checkliste lassen sich universell anwenden, etwa das technische Offboarding. Doch vor allem bei den persönlichen Gesprächen sollte die individuelle Situation berücksichtigt werden. Hat eine Mitarbeiterin unerwartet gekündigt, sollten Führungskräfte gezielt nach den Gründen fragen – „und auch Kritik annehmen können“, betont Huxholl. „Gerade in einem Abschlussgespräch können beide Seiten sehr ehrlich miteinander sein. Das sollten Führungskräfte als Chance sehen. Denn auch für das verbleibende Team ist es wichtig, kritische Punkte anzugehen.“
Vorbild sein und schlechte Stimmung unbedingt vermeiden
Laut Huxholl sollten sich Führungskräfte immer ihrer Vorbildfunktion bewusst sein. Auch dann, wenn es zuvor Konflikte gab: „Vorgesetzte sollten in Gesprächen immer wertschätzend bleiben und den Offboarding-Prozess bei jeder Person aktiv und fair gestalten. Ihr Verhalten prägt die Unternehmenskultur.“ Wer sich in einer möglicherweise schwierigen Kündigungssituation zurückzieht oder gar abschätzig über Beschäftigte spricht, schadet im Zweifel dem ganzen Team. So könnten Arbeitgebende nicht nur mit schlechten Bewertungen auf einschlägigen Online-Portalen rechnen – auch die verbleibenden Mitarbeitenden werden verunsichert.
Gelungenes Offboarding Schritt für Schritt
1. Gespräche mit dem ausscheidenden Teammitglied führen
→ Offener und konstruktiver Austausch: Was lief gut, was weniger?
→ Ggf. signalisieren, für kommende Projekte in Kontakt zu bleiben.
→ Bei Mutterschutz/Elternzeit: Bereits über die Rückkehr sprechen.
2. Gespräche mit dem verbleibenden Team führen
→ Frühzeitig die Veränderung im Team kommunizieren.
→ Wichtig: Vorab mit ausscheidenden Beschäftigten abstimmen, welche Details zum Weggang das Team erfahren soll – und von wem.
3. Aufgaben neu verteilen, Neubesetzung organisieren
→ Frühzeitig Planungsmeetings einstellen, Team aktiv einbeziehen.
→ Strategien zur Vermeidung erhöhter Arbeitsbelastung vorbereiten, Sorgen im Team ernst nehmen.
→ Für eine schnelle Neubesetzung sorgen.
4. Übergabe und Wissenstransfer koordinieren
→ Mit dem ausscheidenden Teammitglied abstimmen, wann und an wen To-dos, Kontakte und Wissen übergeben werden.
5. Technisches Offboarding anstoßen
→ Übergabe des Arbeitsmaterials (zum Beispiel Rechner) in Abstimmung mit HR- und IT-Abteilung planen.
6. Verabschiedung und letzten Tag vorbereiten
→ Am letzten Tag mindestens im Teammeeting nette Worte finden – idealerweise persönliches Teamtreffen organisieren.
Risiken erkennen, abfedern und dem Team Perspektiven eröffnen
Für das Team kann eine Kündigung zum Stressfaktor werden – das Risiko erhöhter psychischer Belastung steigt. „Hier sind Arbeitsinhalte und Arbeitsaufgaben zwei wichtige Gestaltungsbereiche“, sagt Huxholl. „Wenn dem Team Informationen fehlen oder Beschäftigte plötzlich Aufgaben übernehmen müssen, für die sie nicht ausreichend qualifiziert sind, wird das zu Problemen führen. Ebenso unklare Kompetenzen.“ Auch kann die Arbeitsintensität steigen, wenn nicht rechtzeitig ein neues Teammitglied die Belastung abfedert.
Hier sind Führungsqualitäten gefragt. Verantwortliche sollten ihre Pläne und auch Probleme transparent kommunizieren. Wichtig ist: „Es reicht nicht zu sagen: ‚Ich bin an eurer Seite.‘ Führungskräfte müssen Lösungen präsentieren“, sagt Huxholl. „Es gilt, Aufgaben zu priorisieren oder weniger Aufträge anzunehmen, bis ein Ersatz für die fehlende Person gefunden wurde.“
Offboarding auch für Beschäftigte vorbereiten, die wiederkommen
Ein Aspekt ist Hannah Huxholl besonders wichtig: „Auch Beschäftigte, die in den Mutterschutz oder die Elternzeit gehen, brauchen ein Offboarding – aber ein etwas anderes.“ Entscheidend sei, dass ihnen keine Nachteile entstehen. „Führungskräfte sollten vermitteln: ‚Wir freuen uns auf deine Rückkehr.‘ Bestenfalls sichern sie außerdem zu, dass die Aufgaben, die Beschäftigte vor der Elternzeit gerne gemacht haben, wieder aufgenommen werden können.“ Bereits im Offboarding-Prozess können Optionen wie das Stillen oder Abpumpen am Arbeitsplatz, eine schrittweise Rückkehr oder auch Homeoffice thematisiert werden. „Wenn all das vorab besprochen wird, kommen Beschäftigte vielleicht sogar früher zurück.“