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Dauersitzen vermeiden
Mit höhenverstellbaren Schreibtischen können Behörden schädlichem Dauersitzen vorbeugen. © Getty Images/AndreyPopov

Gesundheitsschutz : Dauersitzen vermeiden

Acht Stunden täglich sitzen viele Deutsche. Doch dauerhaftes Sitzen erhöht das Risiko für Erkrankungen. Tipps gegen den Stand-by-Modus im Arbeitsalltag.

Mit dem Auto, Bus oder der Bahn ins Büro. Dann geht’s an den Computer. Und nach Feierabend an den Esstisch und auf die Couch. All diese Tätigkeiten haben eins gemeinsam: Wir verbringen sie im Sitzen. Vor allem Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen werden sich im beschriebenen Tagesablauf wiederfinden. Wenige sind es nicht: Die meisten Deutschen bewegen sich zu wenig. Laut einer Studie der Deutschen Rentenversicherung aus dem Jahr 2021 verbringen sie pro Tag durchschnittlich 8,5 Stunden sitzend. Am längsten verweilen sie in dieser Körperhaltung am Arbeitsplatz. Fast jeder fünfte Befragte gibt an, bei der Arbeit sechs Stunden und mehr zu sitzen.

„Vor allem Beschäftigte, die programmieren oder anderweitig durch ihre Tätigkeit an den Bildschirm gebunden sind, verharren für längere Zeit ohne viel Bewegung auf dem Bürostuhl“, sagt Prof. Dr. Rolf Ellegast, Ergonomie-Koordinator beim Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA). „Doch der Mensch braucht die Bewegung, um funktionieren zu können. Ein andauernder Stand-by-Modus schwächt den Körper und erhöht das Risiko für Erkrankungen“, sagt Ellegast.

Herz, Kreislauf, Muskeln und Skelett leiden

„Der Bewegungsmangel zeigt sich in zahlreichen Risiken und Beschwerden“, sagt der Fachmann. „Zum einen steigt die Gefahr für Herz-Kreislauf-Probleme und die dazugehörigen Erkrankungen. Zum anderen fährt der Stoffwechsel runter, sodass weniger Kalorien verbrannt werden.“ Das wiederum erhöht das Risiko für Übergewicht und Diabetes Typ II. Zudem drohen bei der statischen Position zahlreiche Muskel- und Skelettbeschwerden. Die Versorgung der Bandscheiben und Gelenke kann eingeschränkt sein. Muskuläre Verspannungen infolge länger andauernder Zwangshaltungen im Sitzen führen häufig zu Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen. Auch kann lang andauerndes Arbeiten mit der Computermaus Beschwerden im Schulter-Arm-Handsystem auslösen.

Im Berufsleben gibt es zahlreiche Stellschrauben, an denen man drehen kann, um körperlichen Beschwerden infolge von Bewegungsarmut vorzubeugen. „Wichtig ist ein ergonomischer Arbeitsplatz, der individuell auf die Körpermaße eingerichtet ist“, sagt Ellegast. Genauso wichtig ist eine gezielte Bewegungsförderung. „Bei sehr bewegungsarmen Tätigkeiten sollten mobilisierende Maßnahmen nach dem vierstufigen STOP-Prinzip eingeführt werden“, empfiehlt er.

Gut zu wissen

Bewegungsarmut nach dem STOP-Prinzip verhindern

  • S – Substitution: Regelmäßig vom Schreibtisch aufstehen, Treppe statt Aufzug nutzen und: das Team im Büro nebenan ­besuchen, anstatt E-Mails zu schreiben oder anzurufen. Der Weg zum Drucker sorgt ebenso für Bewegung wie ein Spaziergang in der Mittagspause.
  • T – Technische Maßnahmen: Ein Sitz-Steh-Arbeitsplatz bringt den Körper aus seiner starren Sitzhaltung. Auch dynamische Arbeitsplätze mit Laufband und Sitzergometer fördern die Bewegung.
  • O – Organisatorische Maßnahmen: Pro Stunde sollten mindestens zwei, idealerweise vier Haltungswechsel in den Arbeitsablauf integriert werden. Empfehlung: Den elektronischen Kalender am Computer nutzen, um sich daran zu erinnern.
  • P – Persönliche Maßnahmen: Das persönliche Bewusstsein für ein gesundes Bewegungsverhalten fördern. Ein Schrittzähler unterstützt dabei: 10.000 Schritte pro Tag werden empfohlen, 5.000 sollten es mindestens sein.

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Mit regelmäßiger Bewegung beugen Beschäftigte in ...

Unternehmen müssen Bewegungsarmut ernst nehmen

Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt hat die Problematik des Dauersitzens in den letzten Jahren noch stärker in den Fokus gerückt. „Die Unternehmen müssen sich im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung diesen Aspekt genau anschauen“, sagt Anja Mücklich, Koordinatorin Betriebliches Gesundheitsmanagement der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). „Denn das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Unternehmen, die Arbeitsbedingungen zu bewerten, die Gefahren abzuschätzen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.“

Auch das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) verfolgt das Ziel, Strukturen und Prozesse so zu entwickeln, dass Arbeit und Organisation gesundheitsgerecht gestaltet werden. Dabei gehe es sowohl um Verhältnis- als auch Verhaltensprävention. Das bedeutet: Um gesundheitlichen Risiken infolge von Bewegungmangel vorzubeugen, sind zum einen die Arbeitsbedingungen (Verhältnisse) in den Blick zu nehmen, zum anderen das individuelle Gesundheitsverhalten. Zu Letztgenanntem können Unternehmen beitragen, indem sie die Beschäftigten über die Folgen von Bewegungsmangel aufklären und sie informieren, was sie dagegen tun können. Bestenfalls führt dies dazu, dass sich Beschäftigte gesundheitserhaltend verhalten, sich beispielsweise in ihrer Freizeit ausreichend bewegen.

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Treppen steigen statt Aufzug fahren: Eine Möglichkeit für mehr Bewegung im Alltag. © Adobe Stock/ peopleimages

Statt Dauersitzen: Mehr Bewegung durch aktive Pausenkultur

Die DGUV empfiehlt Unternehmen, sich auf die Verhältnisse zu fokussieren. Neben den genannten Maßnahmen des STOP-Prinzips sollten Organisationen insbesondere eine gesunde, aktive Pausenkultur etablieren. Führungskräfte sollten sich im Bereich „Gesundes Führen“ schulen lassen, selbst Vorbild sein und das Thema Sicherheit und Gesundheit unter anderem in die Jahresgespräche mit Beschäftigten aufnehmen. Auch eine Arbeitszeitregelung für die Teilnahme an Bewegungsangeboten im Rahmen des BGM ist empfehlenswert.

„Eine Challenge – zum Beispiel eine Schritte-oder Rad-Challenge – kann motivieren, sich mehr zu bewegen“, sagt Anja Mücklich. „Wenn dann noch die Führungskraft selbst an der aktiven Pause teilnimmt, wissen die Beschäftigten: Diese Form der Selbstfürsorge ist im Unternehmen gewünscht.“ Auch der CHECK-UP Homeoffice des Instituts für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) ist empfehlenswert. Diese Liste gibt eine Anleitung, wie Arbeitsplatz und -umgebung sowie Arbeitsmittel und -aufgaben im Homeoffice sicher und gesund gestaltet werden. Auch hier sind regelmäßige Bewegungspausen ein wichtiger Aspekt.