Gesundheitsschutz : Erste Hilfe: Im Notfall vorbereitet
Hände in die Brustmitte legen, nach unten drücken. 30 Mal Herzdruckmassage. Dann zweimal Beatmung. Dabei eine Sekunde lang Luft in den Mund einblasen. Und von vorne. So lange wiederholen, bis die Ausbilderin zufrieden ist. Nach Desinfektion der Silikonpuppe, Phantom genannt, ist der Nächste an der Reihe und versucht ebenfalls, die Übung bestmöglich umzusetzen. Ein solches Training der Herz-Lungen-Wiederbelebung ist zentraler Bestandteil eines Lehrgangs zur Ersten Hilfe, wie ihn betriebliche Ersthelfende zur Ausbildung absolvieren.
Im Alltag haben sie glücklicherweise nur selten mit lebensbedrohlichen Situationen wie Herzinfarkten zu tun. Wahrscheinlicher ist es, dass die Lehrgangsteilnehmenden in ihren Unternehmen und Einrichtungen zum Beispiel Schnittwunden versorgen oder Verbände anlegen. Auch wenn es nicht um Leben und Tod geht, ist die Hilfe immer wertvoll: „Eine gute Erstversorgung ist die Basis dafür, dass die Heilung gelingt“, sagt Dr. Isabella Marx, Leiterin des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV. Diese Rückmeldung bekomme der Fachbereich von den Reha-Einrichtungen, die die Verletzten nach Arbeitsunfällen weiter behandeln.
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Bei der DGUV finden Betriebe eine Liste an Ausbildungsstellen für betriebliche Ersthelferinnen und Ersthelfer.
Fürsorgepflicht umfasst betriebliche Erste Hilfe
Arbeitgebende haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten. Das schließt auch die Erste Hilfe am Arbeitsplatz mit ein. Das Arbeitsschutzgesetz und die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ sehen vor, dass für diese Fälle Ersthelfende ernannt werden. Zudem sind laut Arbeitsstättenverordnung Einrichtungen und Mittel der Ersten Hilfe in Unternehmen und Einrichtungen vorzuhalten.
Die Pflicht, die Erste Hilfe zu organisieren, können Arbeitgebende zum Teil an Führungskräfte delegieren. Doch selbst wenn dies im Betrieb anders gehandhabt wird, sollten Führungskräfte wissen, wie die Erste Hilfe vor Ort organisiert ist – und dafür Sorge tragen, dass auch ihre Beschäftigten unterwiesen sind. Dazu gehört, dass jede und jeder weiß, wer die Ersthelfenden sind und wo sich die Verbandkästen befinden. Dass es Letztere gibt, sollten Führungskräfte überprüfen. Ebenso, dass Verletzungen ordnungsgemäß dokumentiert werden. Nur dann lässt sich bei möglichen gesundheitlichen Spätfolgen ein Zusammenhang zum Unfall herstellen.
Datenschutz beachten
Die Dokumentation kann auf Papier oder elektronisch erfolgen – wichtig ist, dass der Datenschutz gewahrt bleibt. Das bedeutet, dass Verbandbücher nicht mehr wie früher üblich in jedem Verbandkasten offen vorgehalten werden dürfen. Stattdessen führt zum Beispiel eine befugte Person an zentraler Stelle die Dokumentation. Oder es wird ein Meldeblock verwendet, dessen Seiten einzeln abgerissen werden können. Fünf Jahre lang ist die Dokumentation aufzubewahren.
Mindestens eine Ersthelferin sollte immer anwesend sein
Die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ schreibt vor, wie viele Ersthelfende in Unternehmen und Einrichtungen anwesend sein müssen. Homeoffice und hybride Arbeitsmodelle ändern an diesen Vorschriften nichts. Im Notfall muss immer mindestens ein Ersthelfer oder eine Ersthelferin zur Stelle sein können. „Das bringt neue organisatorische Herausforderungen mit sich“, sagt Marx.
Denn die Vorschrift besagt, dass bei zwei bis 20 anwesenden Versicherten eine ersthelfende Person zur Verfügung stehen muss. Bei mehr als 20 anwesenden Versicherten müssen je nach Branche fünf beziehungsweise zehn Prozent der Anwesenden ausgebildete Ersthelfende sein. In Kindertagesstätten braucht es sogar eine Ersthelferin oder einen Ersthelfer pro Kindergruppe.
Mehr Ersthelfende als nötig
„Wichtig ist hier, dass es um Anwesende geht“, betont Marx. An Tagen, an denen viele Beschäftigte vom Homeoffice aus arbeiten und nur wenige im Unternehmen sind, braucht es demnach auch weniger Ersthelfende. Das setzt eine gute Abstimmung im Unternehmen voraus – nur so ist zu organisieren, dass immer genügend geschulte Kräfte vor Ort sind. Wer von ihnen jeweils da ist, kann am Empfang oder beim Sicherheitsdienst hinterlegt werden. Unternehmen können dies auch im Intranet veröffentlichen.
Das Problem lässt sich aber auch auf andere Weise angehen: „Schon vor der Pandemie haben wir dazu geraten, mehr Beschäftigte in Erster Hilfe ausbilden zu lassen, um trotz Urlauben und Krankheiten immer Ersthelfende in ausreichender Zahl im Betrieb zu haben“, argumentiert Marx. Das setzt natürlich voraus, dass sich viele Beschäftigte finden, die sich als Ersthelferin oder Ersthelfer ausbilden lassen. Grundsätzlich sind die Beschäftigten dazu verpflichtet, zu unterstützen. Aber Zwang ist nicht die beste Lösung: „Alle, die wir motivieren können, sich zu melden, sind ein Gewinn“, sagt Marx. Führungskräfte können mit guten Argumenten werben.
Vier Argumente
Warum sich eine Ausbildung in Erster Hilfe lohnt:
- Wer sich zur Ersthelferin oder zum Ersthelfer ausbilden lässt, kann im Notfall den Menschen helfen, mit denen man zusammenarbeitet und die man zum Teil gut kennt.
- Alle, die sich besser darauf vorbereiten, im Notfall helfen zu können, tun damit etwas für die Gesellschaft.
- Jeder Mensch möchte, dass ihm in einer Notsituation selbst auch geholfen wird.
- Das Gelernte ist auch außerhalb der Arbeit anwendbar. Ausgebildete Ersthelfende fühlen sich im persönlichen Umfeld sicherer, wenn sie Erste Hilfe leisten.
Erste Hilfe ist gesetzlich unfallversichert
Zugleich weiß Marx, dass Beschäftigte nicht selten zögerlich reagieren, aus Angst, sie könnten bei der Ersten Hilfe Fehler machen, für die sie haften müssen. „Wer nach bestem Wissen und Gewissen handelt, muss sich nicht vor einer Strafe fürchten“, beruhigt die Expertin. Im Gegenteil: Unterlassene Hilfeleistung ist eine Straftat. Ersthelfende sind zudem gesetzlich unfallversichert – im Betrieb und außerhalb.
Damit sie im Notfall schnell reagieren, sind regelmäßige Übungen wichtig. Betriebliche Ersthelferinnen und Ersthelfer müssen ihre Kenntnisse alle zwei Jahre auffrischen. Dazu gehört auch, wie bei der Ausbildung die Wiederbelebung am Phantom zu üben.