Gesundheitsschutz : Reha-Sport: Mehr als nur Gymnastik
Erst mal ankommen im Wasser und ordentlich aufwärmen. Eine Runde Aqua-Jogging gehört dazu. Später trainiert die Gruppe die Tiefenmuskulatur der Arme, etwa mit kleinen Hanteln. Auch Bälle oder bunte Schwimmnudeln kommen zum Einsatz. „Bei der Wassergymnastik arbeite ich jede Woche mit neuen Geräten, damit die Gruppe Abwechslung hat“, sagt Annette Krause. Sie ist ausgebildete Trainerin für Reha-Sport beim Berliner Turn- und Sportclub e. V., seit 2018 leitet sie eine Reha-Sportgruppe für Wassergymnastik im Stadtteil Weißensee.
Die Menschen, die sie jede Woche vom Beckenrand aus anleitet, sind verschiedenen Alters und haben unterschiedliche Berufe, auch die Krankheitsgeschichten und Beeinträchtigungen sind verschieden. „Deswegen machen alle Teilnehmenden die Übungen in ihrem Tempo“, sagt Krause. „Beim Reha-Sport geht es nicht um Schnelligkeit, sondern um die Bewegung.“
Sport soll dabei unterstützen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben
Rehabilitationssport, kurz Reha-Sport, kann im Zusammenhang mit einer medizinischen Reha-Maßnahme von den Reha-Trägern ergänzend erbracht werden, um das Ziel der Rehabilitation zu sichern – durchgeführt unter ärztlicher Betreuung und in der Gruppe. Die genauen Voraussetzungen legt die Rahmenvereinbarung über Rehabilitationssport und Funktionstraining der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) fest, die für alle Reha-Träger gültig ist.
Tipp zum Weiterlesen
Über die Rolle von Reha- und Breitensport bei der Prävention und Rehabilitation informieren.
Reha-Sport fördert die gesellschaftliche Teilhabe nach Unfall oder Erkrankung
Ein wesentliches Ziel von Reha-Sport: Es geht darum, nach einem Unfall oder bei einer chronischen Erkrankung wieder in Bewegung zu kommen und zu bleiben. Sport soll Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen dabei unterstützen, teilzuhaben am gesellschaftlichen Leben. „Denn sportliche Aktivität kann sich positiv auf eine Krankheit oder Behinderung auswirken und langfristig zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil beitragen“, sagt Jennifer Haaf, Fachreferentin bei der BAR.
„Durch die bewegungstherapeutischen Inhalte werden Ausdauer und Kraft gestärkt sowie Koordination und Flexibilität verbessert. Außerdem wird vielen Menschen durch den Sport bewusst, dass sie ihre Gesundheit selbst wesentlich beeinflussen können. Das motiviert, langfristig und eigenverantwortlich aktiv zu bleiben.“ Körperlich und mental gestärkt fällt es vielen Menschen leichter, in den Beruf zurückzukehren – oder offen zu sein für eine berufliche Neuorientierung
Was Reha-Sport bewirken kann, davon kann Trainerin Annette Krause nur schwärmen: „Ein tolles Beispiel ist eine Frau mit chronischen Schmerzen, die mittlerweile ihre Tablettendosis reduzieren konnte. Und ganz wichtig ist für viele der Aha-Effekt: ‚Ich kann mich ja doch noch bewegen.‘“ Außerdem berichten ihr alle Teilnehmenden, wie wichtig ihnen der Austausch in der Gruppe ist. „Es ist wie eine Selbsthilfegruppe.“
Reha-Sport umfasst Gymnastik, Kraft- und Ausdauertraining
Das Kursangebot für Reha-Sport ist groß. Es gibt unterschiedliche Sportgruppen, etwa mit Schwerpunkt auf orthopädische oder neurologische Erkrankungen oder sogenannte Herzgruppen. Immer ist das Training auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden ausgerichtet, ob Gymnastik, Bewegungsspiele, Kraft- oder Ausdauerübungen.
Bei chronischen Rückenschmerzen etwa gilt es, die Rumpfmuskulatur zu stärken und die Haltung zu schulen. Wassergymnastik eignet sich laut Trainerin Annette Krause bei besonders vielen Erkrankungen – etwa nach einem Bandscheibenvorfall oder einer Krebserkrankung – weil das Wasser den Körper „trägt“ und die Übungen sehr gelenkschonend sind.
Klicktipps
Das passende Reha-Sportprogramm finden
- Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR): Neben umfassenden Informationen zum Reha-Sport bietet die BAR ein Verzeichnis für stationäre Einrichtungen in ganz Deutschland.
- Deutscher Behindertensportverband (DBS): Möchten Menschen mit einer Behinderung auch nach dem Reha-Sport aktiv bleiben, finden sie beim DBS und seinen Landesverbänden mit rund 6.300 Vereinen passende Angebote.
- Deutscher Rollstuhl-Sportverband (DRS): Über den DRS finden Menschen, die einen Rollstuhl nutzen, ein nach Bundesländern sortiertes Angebot von Sportvereinen – für die Reha oder die Zeit danach.
- RehaSport Deutschland e. V. (RSD): Hier finden Versicherte zahlreiche Anbieter von Sportkursen nach Kategorien wie Herzsport oder Wirbelsäulengymnastik.
Kostenübernahme für Reha-Sport durch Unfallversicherungsträger
Bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufserkrankung übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten für den Reha-Sport oder das Funktionstraining, wenn dies zur Sicherung des Reha-Erfolgs notwendig ist. Grundsätzlich werden Versicherte mit allen geeigneten Mitteln unterstützt. Deswegen übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung gegebenenfalls auch die Kosten für Sport außerhalb der BAR-Rahmenvereinbarung. Und zwar im Rahmen medizinischer und beruflicher Rehabilitation sowie zur sozialen Teilhabe. Zu diesen individuellen Leistungen können Versicherte ihre Reha-Managerinnen und Reha-Manager ansprechen.
Durch Reha-Sport bleiben Arbeitskräfte erhalten
Zwei Kernbotschaften, die für Führungskräfte besonders relevant sind: Durch optimale Rehabilitation und mentale und körperliche Fitness werden Fachkräfte zurückgewonnen und gehalten. Zudem stärkt gemeinsamer Sport das Teamgefühl. Beschäftigte können darin bestärkt werden, nach einem Arbeitsunfall oder bei einer Berufserkrankung alle Möglichkeiten zu nutzen, sportlich aktiv zu sein und zu bleiben. Auch lohnt es sich, über betriebliche Sportangebote nachzudenken.
Gut zu wissen
Engagement im Behindertensport
Die gesetzliche Unfallversicherung hat sich in der Strategie 2025 zur UN-BRK verpflichtet, die Themen Inklusion und Behindertensport zu fördern. In diesem Rahmen setzt die DGUV verschiedene Projekte um. Dazu gehört der Staffellauf R(h)ein Inklusiv, bei dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport treiben. Mit dem German Paralympic Media Award (GPMA) soll die Berichterstattung zum Thema Behindertensport gefördert werden.
Auch ein aktueller kommunikativer Schwerpunkt der DGUV, die „Roadmap Behindertensport 2024-2026“, hat zum Ziel, zum Sport treiben zu motivieren.