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Wer trägt die Verantwortung für die Büroküche?
© Adobe Stock/ samuii

Kolumne : Wer trägt die Verantwortung für die Büroküche?

Sich um die Büroküche zu kümmern, gehört zu den eher unbeliebten Aufgaben. Führungskräfte sieht Imke König nur teilweise in der Pflicht.

Eigentlich sind sie ja ein Ort der Begegnung, mehr oder weniger liebevoll ausgestattet mit Mikrowellen, Kühlschränken und Sitzgelegenheiten. Die Kühlschränke bieten dabei schon durchaus interessantes Anschauungsmaterial: Manche enthalten reichlich viel Alkohol, andere sind gähnend leer. Möglicherweise ist viel Alkohol im Bürokühlschrank ein gutes Zeichen, weil keiner ihn getrunken hat. Hier will ich Optimistin sein. Im Übrigen aber bin ich eine strenge Verfechterin von Punktnüchternheit, also keinem Alkoholkonsum während der Arbeitszeit. Und auch von keiner Restpromille, versteht sich.

Das Seltsamste an Büroküchen aber ist, dass sie in einigen Menschen Seiten hervorbringen, die man – da zum Teil rücksichtslos und faul – eigentlich niemandem so wirklich bei der Arbeit zurechnen möchte. Es geht dabei um stehen gelassenes schmutziges Geschirr, unausgeräumte Geschirrspülmaschinen und verschmutzte Kühlschränke. Wer sich darum kümmert, ist oft nicht klar geregelt.

Eine Freundin von mir ist Führungskraft in einer Behörde, sehr engagiert, steht hinter ihrem Team, kümmert sich. Jahrelang hat sie sich auch um die gemeinsame Büroküche gekümmert – Geschirr aus- und eingeräumt und die verschmutzte Mikrowelle sauber gemacht. Nach Jahren fiel ihr auf: „Wieso mache ich das eigentlich als Einzige?“ Sie sprach ihr Team in einer Dienstberatung offen darauf an und deklamierte: „Liebe Leute, ich mache das jetzt nicht mehr. Ihr seid jetzt auch mal dran!“ Reuig stimmte das Team zu: Natürlich mache man das, kein Problem, jawohl.

Imke König ist Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Coach. In ihrer top eins-Kolumne gibt sie Führungskräften Tipps für eine ausgewogene Work-Life-Balance und effizientes Stressmanagement, Illustration: Raufeld Medien
Imke König ist Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Coachin. In ihrer top eins-Kolumne gibt sie Tipps für den Führungsalltag und berichtet von ihren Beobachtungen aus der wilden Arbeitswelt. © raufeld

 

Drei Tage lang sah die Teamleiterin zu, wie sich in der Küche das Geschirr türmte. Drei Tage lang hatte es das gesamte Team geschafft, nichts wegzuräumen, trotz der Beteuerungen. Dann riss ihr der Geduldsfaden – und es gab einen Anpfiff. Ach, oh weh, man habe so viel zu tun, ja, es sei alles zu viel. „Habe ich so viel weniger zu tun als ihr?“, fragte sie. „Drehe ich die Daumen und warte auf eure schmutzigen Tassen?“ Dem war nichts entgegenzusetzen.

Jetzt muss sie zwar immer noch gelegentlich auf dem Flur rufen „Ohoho! Wo sind hier wohl zwei Menschen, die mir in der Küche beim Aufräumen helfen?“, ehe Freiwillige herbeispringen. Aber es wird mitgeholfen. Sensationell.

Nun grübele ich als Psychologin darüber nach, wie es mehr als zehn Menschen geschafft haben, etwas so Sichtbares tagelang zu ignorieren und irgendwie doch zu hoffen, dass entweder dieselbe Person, blöd genug, es wieder macht oder aber ein Wunder geschieht und die Heinzelmännchen es über Nacht wegräumen. Ist es eine Besonderheit diese Teams, das jahrelang verwöhnt und versorgt wurde? Oder handelt es sich um eine Besonderheit von Behörden? Eigentlich erlebe ich die immer eher überorganisiert, mit Listen am Kühlschrank und Lageplänen für den Kühlschrank. Wer macht das denn zu Hause?

Oder handelt es sich um einen Trend, darauf zu warten, dass jemand kommt und alles für mich in Ordnung bringt? Ich fürchte, ja. In diesem Punkt bin ich Pessimistin.