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Altersgemischte Teams: Alle Stärken nutzen
Beschäftigte unterschiedlichen Alters bringen verschiedene Erfahrungen ins Team. © Getty Images/ jacoblund

Führungskultur : Altersgemischte Teams: Alle Stärken nutzen

Die Zusammenarbeit verschiedener Generationen kann Konfliktpotenzial bergen. Doch Unter­schiede in altersgemischten Teams lassen sich auch produktiv nutzen.

Ob Social Media, New Work oder digitale Technologien – das Wissen darum ist ungleich verteilt. Was für viele Menschen jüngeren Alters oft selbstverständlich ist, ist es für viele, die nicht mit digitalen Tools und Netzwerken aufgewachsen sind, nicht. Aus diesem Grund startete beispielsweise die Deutsche Bundesbank im Jahr 2021 ein Reverse-Mentoring-Programm, bei dem Nachwuchskräfte ihr digitales Wissen und Können erfahrenen Führungskräften auf höherer Führungsebene weitergaben.

„In den bisherigen Runden hat sich aber schnell herauskris­tallisiert, dass für Mentorinnen, Mentoren und Mentees der Aspekt Generationen-Austausch mindestens genauso wichtig ist wie das Thema New Work“, sagt Werner Neumer, bei der Bundesbank mitverantwortlich für die Konzeption und Durchführung des Programms Reverse Mentoring.

Altersübergreifenden Austausch fördern durch Tandems

Den hierarchie- und altersübergreifenden Dialog zu fördern, ist wichtigstes Ziel des Reverse Mentoring. Zu welchen Themen sich die bis zu 20 Tandems aus Nachwuchskräften und Führungskräften während des sechs Monate dauernden Programms austauschen, bleibt ihnen überlassen. Sie werden allerdings aufgrund ähnlicher Interessen zusammengestellt. Wer sich für das Programm interessiert, füllt einen Fragebogen aus und gibt an, zu welchen Themen er oder sie mehr erfahren oder Wissen dazu weitergeben möchte. Das können zum Beispiel agiles Arbeiten oder virtuelle Zusammenarbeit sein.

Die Zahl der Treffen ist nicht vorgegeben. „Wir empfehlen, dass sich die Tandems monatlich treffen. Es hat sich gezeigt, dass zwei Stunden pro Monat ein gutes Zeitfenster sein können“, so Neumer. Außerdem gibt es während des Programms drei zentrale Rahmenveranstaltungen: zu Beginn, nach der Hälfte und zum Abschluss. Bei diesen Terminen kommen alle Tandems zusammen, um sich untereinander auszutauschen.

Nachwuchsförderung in Zeiten des Fachkräftemangels

Die Bundesbank möchte mit ihrem Reverse-Mentoring-Programm außerdem attraktiver für Nachwuchskräfte werden. Um diese buhlen Unternehmen und Einrichtungen in Zeiten des Fachkräftemangels besonders. Wenn jüngere Beschäftigte allerdings ihre Tätigkeit im öffentlichen Dienst beginnen, treffen sie in ihren neuen Abteilungen zumeist auf Kolleginnen und Kollegen, die über viel Erfahrung verfügen und oft sogar bereits kurz davor stehen, in den Ruhestand zu gehen.

Die Generation der Babyboomer (geboren zwischen 1946 und 1964) und die Generation X (geboren zwischen 1965 und 1979) machen zusammen mehr als die Hälfte der Beschäftigten im öffentlichen Sektor aus. Das zeigt der Personalreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes 2023.

Gut zu wissen

  • 50,7 Prozent aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind 45 Jahre oder älter
  • 26,8 Prozent sind sogar älter als 55 Jahre (ohne Bundeswehr und restlichen Aufgabenbereich Verteidigung)
  • Lediglich 6,7 Prozent der Beschäftigten sind jünger als 25 Jahre.

Quelle: DGB mit Daten des Statistischen Bundesamtes 2022

Altersgemischte Teams: Umfrage deutet auf hohes Konfliktpotenzial hin

Das Zusammentreffen unterschiedlicher Generationen und Erfahrungswerte führt immer wieder zu Spannungen. In einer nicht repräsentativen Umfrage der top eins im Vorfeld gaben rund 60 Prozent der 329 Teilnehmenden an, dass es zu Konflikten zwischen Nachwuchskräften und erfahrenen Beschäftigten kommt. Die genannten Begründungen unterscheiden sich dabei stark. Sie reichen von „Jüngere wollen nicht von den Älteren lernen, meinen, alles besser zu wissen“ über „andere Vorgehens-, Denkweisen“ bis hin zu „keine Wertschätzung von älteren Generationen gegenüber Jüngeren“.

Zugleich stimmt aber die große Mehrheit der Teilnehmenden den Aussagen zu, dass jüngere Beschäftigte von älteren lernen können (Durchschnittswert 4,0 auf einer Skala von 0 bis 5), ältere Beschäftigte aber auch von jüngeren (Durchschnittswert 3,6). Das zeigt das Potenzial von altersgemischten Teams.

Ergebnisse der Umfrage

  • 82 Prozent der Befragten geben an, dass bei der Zusammensetzung von Teams nicht darauf geachtet wird, dass verschiedene Generationen vertreten sind.
  • Bei 12 Prozent wird darauf geachtet, 6 Prozent machten keine Angabe.

Quelle: Umfrage auf topeins.dguv.de 2023

Zusammenarbeit Jung und Alt
Beim Umgang mit digitalen Tools haben Jüngere meist das größere Wissen und nutzen sie intuitiv. Doch auch Ältere lernen dazu. © Getty Images/ alvarez

Monotonie bei der Arbeit fördert Stereotype

„Wie gut altersgemischte Teams arbeiten, hängt sehr von den Aufgaben ab, die sie gemeinsam bearbeiten“, sagt Stephan Rohn, stellvertretender Leiter des Sachgebiets Beschäftigungsfähigkeit der DGUV. „Sind diese eher monoton, kommt es leicht zu stereotypen Verhaltensweisen.“ Die Älteren sagten dann etwa: „Das haben wir aber immer so gemacht und es ist immer gut gelaufen“, die Jüngeren sagten dagegen: „Wir wollen es jetzt mal anders machen.“ Anders bei komplexeren Aufgaben: „Dann können alle Altersgruppen leichter ihre spezielle Expertise mit einbringen, die Älteren ihre Erfahrungen und die daraus resultierende Gelassenheit, die Jüngeren ihr neu erlerntes Wissen“, so Rohn.

Wie gut es funktioniert, hängt aber auch mit der Zusammenstellung der Teams zusammen. „Führungskräfte sollten genau hingucken, wie sie ein Team zusammenstellen. Nicht nur, über welche Kenntnisse die Einzelnen verfügen, sondern auch, welche Persönlichkeit sie mitbringen“, sagt Dr. Hanna Zieschang, Leiterin des Bereichs „Arbeitsgestaltung – Demografie“ beim Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG). „Es braucht Menschen, die das Miteinander im Team moderieren können. Vor allem die soziale Kompetenz ist entscheidend, nicht unbedingt das Alter.“ Auf diesem Gebiet wird den Älteren mehr zugeschrieben, auch aufgrund ihrer Erfahrung. Doch gibt es auch jüngere Beschäftigte, die über hohe soziale Fähigkeiten verfügen.

Zusammenarbeit in altersgemischten Teams fördern

  • Weiterbildung: Grundsätzlich sollten Unternehmen und Einrichtungen ein Klima schaffen, in dem fortlaufende Weiterbildung unabhängig vom Alter selbstverständlich ist.
  • Förderung: Die soziale Kompetenz und die Kommunikation im Team lassen sich durch regelmäßige Schulungen verbessern.
  • Voneinander lernen: Führungskräfte können anregen, dass im Team Tandems gebildet werden, in denen Beschäftigte unterschiedlichen Alters als Zweiergespann voneinander lernen können.
  • Altersbilder reflektieren: Im Team thematisieren, welche Vorurteile es über Generationen gibt. Als Übung die Beschäftigten dazu animieren, sich zu fragen, wie sie sich selbst und andere betrachten.
  • Gesundheitsschutz: Themen wie die Gesundheit einen das Team. Denn alle haben ein Interesse daran, nicht krank zu werden. Das sollten Führungskräfte nutzen, um den Zusammenhalt zu fördern.

Das Alter spielt bei Einstellungen keine Rolle

Der Einfluss von Führungskräften auf die Zusammensetzung der Teams im öffentlichen Dienst ist allerdings begrenzt. „Der Gleichheitsgrundsatz im Bewerbungsverfahren macht es uns unmöglich, ganz bewusst und zielgerichtet auf mehr Alters- und Geschlechterdiversität hinzuwirken“, sagt Annette Hallmann, verantwortlich für die strategische Personalentwicklung im Kreis Steinfurt.

Das Dienstrecht stelle in diesem Zusammenhang vor allem auf individuelle Rechte ab – Bewerberinnen und Bewerber müssten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausgewählt werden, Faktoren wie das Alter dürften keine Rolle spielen. „So ist es vom Zufall abhängig, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber zur Altersdurchmischung in einem Team beiträgt, sei sie noch so wünschenswert oder nötig“, so Hallmann.

Frauen in altersgemischten Teams
Von einem Austausch von Erfahrungen profitieren Beschäftigte aller Altersgruppen. © Getty Images/ SDI Productions

Arbeitsbedingungen altersgerecht gestalten

Was öffentliche Unternehmen und Einrichtungen hingegen beeinflussen können, ist die Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Hier sind die Interessen über die Altersgrenzen hinweg ähnlich gelagert. Eine gute Work-Life-Balance wünschen sich wohl die meisten Beschäftigten. Nur was in Einklang mit der Arbeit gebracht werden soll, unterscheidet sich. „Jüngere möchten oft mehr Zeit für ihre Kinder oder Hobbys haben, Ältere eher, um insgesamt weniger zu arbeiten oder Pflegeaufgaben in der Elterngeneration gut wahrnehmen zu können“, sagt Rohn.

Klicktipp

Die DGUV Information Prävention kennt keine Altersgrenzen erläutert, wie Unternehmen Arbeitsschutz altersgerecht gestalten.

Führungskräfte gestalten die Arbeitsergonomie

Führungskräfte setzen aber auch ganz konkret den Rahmen für ihre Teams: „Es zählt auch zur Ergonomie, wie ich die Gruppe arbeiten lasse. Wie selbstständig können sich die Beschäftigten organisieren? Wie viel Entscheidungsfreiheit haben sie? Solche Fragen tragen auch viel zur Zufriedenheit und zu geringerer psychischer Belastung bei“, sagt Zieschang. Auch sei es wichtig, alle zu ermuntern, dazuzulernen und sich fortzubilden.

Nicht zuletzt sollten Führungskräfte Vorbild beim Thema Altersdiversität sein. Zum Beispiel dadurch, dass sie Generationenklischees vermeiden, aber auch, indem sie ihre eigene Haltung überdenken. „Ich erlebe es ab und an in Seminaren, dass Führungskräfte sich über ältere Beschäftigte beklagen, die nicht mehr könnten und wollten, nicht mehr lernfähig seien. Dann frage ich zurück, wie alt die Führungskräfte denn selbst seien“, so Zieschang, „da es sich meist um Ältere handelt, geht ihnen dann ein Licht auf. Sich selbst hätten sie nie als zu alt zum Dazulernen gesehen.“ Selbstreflexion gehört eben dazu, wenn man sich mit dem Thema altersgemischte Teams beschäftigt.