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Gut vorbereitet mit einem Pandemieplan
Mit einem Pandemieplan sind Verantwortlichkeiten geklärt und Unternehmen können schnell und sicher handeln. © BG Kliniken

Führungskultur : Gut vorbereitet mit einem Pandemieplan

Um in Krisen schnell zu reagieren, sollten Unternehmen einen Pandemieplan erstellen – und aktuell halten. Worauf es bei der Umsetzung ankommt.

Abstand halten, Hygienemaßnahmen beachten und Alltagsmaske tragen – in der SARS-CoV-2-Pandemie schienen die AHA-Regeln allgegenwärtig. Fünf Jahre, nachdem die Pandemie die Welt zu erschüttern begann, sind diese Schutzmaßnahmen nicht mehr Alltag. Dennoch bleibt es wichtig, vorbe­reitet zu sein. Denn mit Erregern wie der Vogelgrippe (H5N1) oder Mpox stehen derzeit gleich mehrere Viren unter Beobachtung, die eine neue Pandemie auslösen könnten. Dann ist Zeit ein wichtiger Faktor. Wer bereits vorab einen Plan erstellt hat, kann sich gleich an die Umsetzung machen und muss nicht erst Verantwortlichkeiten klären und Maßnahmen abstimmen.

Das zeigte sich bereits 2020: Die BG Kliniken, die medizinischen Versorgungseinrichtungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland, konnten schon in der Corona-Pandemie auf einen Plan zurückgreifen. 2019 hatten sie eine eigene Stabsstelle Krankenhaus­hygiene eingerichtet, die die Planungen vorantrieb. Das zahlte sich wenige Monate später aus. „Teil der Pandemieplanung war ein Krisenstab“, sagt Janine Bierwirth, Leitung Krankenhaus­hygiene der BG Kliniken. In ­diesem Gremium waren neben der Geschäftsführung und dem Hygienebereich auch die Unternehmenskommunikation vertreten sowie alle ­der Geschäftsführung unterstellten Bereiche einschließlich der Pflege und Personalvertretung.

Gut zu wissen: Pandemiegefahr im Blick behalten

Wer welche Quellen zu Rate zieht, kann inner­halb eines Unternehmens oder einer Einrichtung aufgeteilt werden.

  • Globale Lage: Die Welt­gesundheitsorganisation (WHO) überwacht weltweit die pande­mischen Gefahren und informiert darüber.
  • Bundesweit: Das Robert Koch-Institut (RKI) informiert darüber, wenn für Deutschland eine Pandemie droht.
  • Landesebene: Landes­gesundheitsministerien/-zentren bieten nicht nur regionale Informationen, sondern veröffentlichen meist als Erste die im Bundesland geltenden Verordnungen.
  • Regional: Das örtliche Gesundheits- oder Land­ratsamt vor Ort bieten regionale Informationen und sind die Kontaktstelle für Unternehmen und Einrichtungen.
  • Persönlich: Warn-Apps abonnieren, zum Beispiel Katwarn oder NINA sowie Health Map, ein Dienst, mit dessen Hilfe sich weltweite Krankheit­s­ausbrüche im Blick behalten lassen.

Frühe Anzeichen für eine Pandemie

Eine wichtige Rolle spielte der Einkauf. „Schon bevor die ersten Fälle von COVID-19-Erkrankungen in Deutschland erfasst wurden, zeigten sich auf dem Markt Vorboten der Pandemie“, so Bierwirth. Einmalhandschuhe waren weltweit plötzlich deutlich teurer geworden – ein Anzeichen dafür, dass Kliniken und ­andere Einrichtungen ihre Vorräte aufstockten oder ­bereits der Verbrauch gestiegen war.

Die BG Kliniken konnten sich noch rechtzeitig be­vorraten. Auch im weiteren Verlauf der Pandemie ­reagierten sie, als andere Vorräte wie OP-Masken und Desinfektionsmittel knapp wurden. Dabei half ihnen Größe und Struktur des Klinikkonzerns. Denn im Notfall konnten Vorräte zwischen den 13 Standorten im ­Bundesgebiet aufgeteilt werden. Das war ein Grund ­dafür, warum die BG Kliniken ihren Betrieb während der gesamten Pandemie aufrechterhalten und mit ­ihren rund 18.000 Beschäftigten die Patientinnen und Patienten weiter versorgen konnten.

Auf Krisenfall vorbereiten

Über diesen Vorteil verfügen andere Institutionen im ­öffentlichen Dienst nicht unbedingt. Dennoch ist nicht nur für Einrichtungen im Gesundheitswesen eine Pandemie­planung wichtig. Unternehmen und Einrichtungen, die zur kritischen Infrastruktur zählen, sollten sich ebenfalls auf eine Krise wie eine Pandemie vorbereiten. Das gilt auch für andere Behörden.

Portrait von Janine Bierwirth. Sie hat dunkles Haar und trägt eine Brille.
Janine Bierwirth leitet die Krankenhaushygiene bei den BG Kliniken. Sie trieb die Erstellung von Pandemieplänen voran. © BG Kliniken

 

„Ein Muster-Pandemieplan bietet eine Grundstruktur und kann Handlungsvorgaben enthalten, die unab­hängig von der Art des Erregers sind. Er stellt sicher, dass Organisationen schnell reagieren können, auch wenn die genauen Umstände noch unklar sind“, sagt Dr. Ingolf Hosbach vom Kompetenz-Zentrum ­Medizin des Instituts für Prävention und Arbeits­medizin der DGUV (IPA). Das treffe vor allem auf grundsätzliche Maßnahmen zu. Solange der konkrete Keim noch nicht bekannt sei, sollten die wahrscheinlichsten Über­tragungswege berücksichtigt werden. Meist handele es sich um über die Luft übertragene Keime. Deshalb sollten beispielsweise Abstands- und Lüftungsregelungen eingeplant werden. Das Wichtigste sei jedoch das Grundprinzip im Pandemiemanagement: Symptomfreie ­Beschäftigte stellen ein ebenso großes ­Infektionsrisiko dar wie die ­Kundschaft oder zu behandelnde ­Personen, die noch symptomfrei sind. „Es macht daher keinen Sinn, ­Gruppen mit gleichem Infektionsrisiko von­einander zu isolieren zu versuchen, die sich außer­betrieblich in der Straßenbahn oder privat ­begegnen werden“, so Hosbach.

Checkliste: Teil der Pandemieplanung

  • Ansprechpersonen und Zu­ständigkeiten festlegen: In größeren Unternehmen und Einrichtungen einen Krisenstab bilden. Interessenvertretung wie Personalrat und Schwerbehinder­tenvertretung einbeziehen. Ausfall­konzepte über alle betrieblichen Ebenen inklusive Prokura festlegen.
  • Beschäftigte informieren: Mitar­beitenden den Pandemieplan über Intranet, Aushang oder andere Kanäle tagesaktuell zur Verfügung stellen.
  • Fachleute einbeziehen: Betriebsärzte und Betriebsärztinnen, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Unfallkasse beteiligen.
  • Schutzmaßnahmen: Hygiene­regeln, Ab­standsgebote und Durchlüftung der Räume verringern das Ansteckungs­risiko im Falle von Keimen, die durch die Luft übertragen werden.
  • Abläufe bei Personalausfall: Vertretungsregeln festlegen und Aufgaben priorisieren, damit die wichtigsten Abläufe nicht gefährdet sind. Mögliche Homeoffice-Regelungen vorsehen.
  • Umgang mit Erkrankungen: Wie läuft die Betreuung von Beschäftigten mit Krankheits­symptomen ab? Wer betreut wo? Wie werden betreuende Personen vor Ansteckung geschützt?
  • Pandemieplan aktualisieren: Regelmäßig prüfen, ob der Pla­n aktuell ist, auch, ob noch alle Telefonnummern und die Zuständigkeiten stimmen. Auch die Kontaktdaten der örtlichen Gesundheits- oder Landratsämter im Einzugsgebiet des eigenen Personals sollten aktuell sein.

Doch auch für Unternehmen und Einrichtungen, die in den vergangenen fünf Jahren einen Pandemieplan ­erstellt haben, gibt es Gründe zu handeln. Denn es gilt, die ­Planungen aktuell zu halten. Das betrifft vor allem die beteiligten Personen und Abläufe. Spätestens wenn es erste Warnungen zu einer möglichen Pandemie gibt, sollte der Plan überprüft werden. Dazu ­gehört auch, ­aktuelles Wissen über den Pandemiekeim und mögliche Schutzmaßnahmen zu berück­sichtigen.

Intern offen kommunizieren

Der Experte Hosbach rät, bei der Pandemieplanerstellung Fachleute einzubeziehen, aber auch alle anderen Beschäftigten: „Es hat sich bewährt, Pandemiepläne in einer Art Realitäts-Check in der betriebsinternen Öffentlichkeit vorzustellen und Feedback zuzulassen.“ Durch Transparenz, Aktualität und eine gute Kommunikation könnten Unternehmen und Einrichtungen erreichen, dass die eigenen Mitarbeitenden auch unpopuläre Maßnahmen mittragen. Das gilt ebenso für die Zeit während der Pandemie. Die BG Kliniken informierten ihre ­Beschäftigten in einem News­letter aktuell über die Lage und neue, gesicherte Erkenntnisse zur Pandemie.

Einem Patienten wird Blut abgenommen. Die Pflegekraft trägt Schutzkittel und Schutzhandschuhe.
In einer Pandemie können Produkte wie Einmalhandschuhe schon früh knapp auf dem Markt werden. © BG Kliniken

Klicktipp: Dialogkarten

Die Dialogkarten zum Thema Pandemie helfen, gemeinsam mit den Beschäftigten herauszufinden, wie der Betrieb für eine Pandemie aufgestellt ist und welche Aspekte noch verbessern werden sollten.

Führungskräften kommt in ­diesem Prozess eine Schlüsselfunktion zu. Auch wenn sie nicht selbst im ­Krisenstab für den Fall einer Pandemie sitzen, beraten sie zum einen die Unter­nehmensleitung bei der strategischen Planung und ­stellen die notwendigen Ressourcen ihres Bereichs zur Verfügung. Zum anderen sind sie bei der Kommunikation und Einbeziehung der Beschäftigten gefragt.

Kommt es zu einer Pandemie, ist Entschlussfreudigkeit bei Vorge­setzten gefragt und die ­Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. „Für uns war es von Vorteil, dass wir im Krisenstab viele Führungs­kräfte sitzen hatten, die es aus der Medizin gewohnt waren, schnelle Entscheidungen zu treffen“, meint ­Janine Bierwirth von den BG Kliniken. Doch auch Vorgesetzte, die im beruflichen Alltag nicht so oft rasch ­entscheiden müssen, können aus ihren Er­fahrungen in der Corona-Pandemie lernen. Auch das gehört zur Vorbereitung auf künftige Krisen.