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Wissensmanagement: Infos wirksam weitergeben
Bevor Beschäftigte das Unternehmen verlassen, sollten sie ihr Wissen an die Kolleginnen und Kollegen weitergeben können. © Getty Images/Mariia Vitkovska

Führungskultur : Wissensmanagement: Infos wirksam weitergeben

Verändert sich die Belegschaft, sollten Arbeitgebende für systematisches Wissensmanagement sorgen. So gehen Informationen und Erfahrungen nicht verloren.

Eine Mitarbeiterin einer Landesbehörde geht in den Ruhestand. Damit ihr gesammeltes Wissen nicht mit dem Renteneintritt verloren geht, hat die Behörde vorgesorgt: Es gibt ein Wiki für die ­Beschäftigten, in dem Wissens­artikel zu einzelnen Themen angelegt werden können. Die Mitarbeiterin hat hier relevante Informationen zu ihrer Position in der Behörde ­hinterlegt. Außerdem hat sie sich mehrmals mit ihrem Nachfolger getroffen, ihm alles Wichtige zu seiner neuen Tätigkeit erklärt und Fragen beantwortet – begleitet von einem professionellen Moderator.

Das fiktive Beispiel zeigt, wie Wissensmanagement in Unternehmen und Einrichtungen idealerweise funktioniert. Ein solches Wissensmanagement wird gerade in Zeiten des demografischen Wandels ­immer wichtiger. In den kommenden zehn Jahren geht laut des Demografie-Portals Bund und Länder jede vierte beschäftigte Person im öffentlichen Dienst in den Ruhestand. Daher ist es höchste Zeit zu handeln.

Über ein Berufsleben sammeln ­Beschäftigte viele Informationen und Erfahrungen – so entsteht ­spe­zifisches, für die arbeitgebende ­Institution unverzichtbares Wissen. „­Sowohl nicht mitgeteiltes als auch nicht dokumentiertes Know-how kann für Unternehmen und Einrichtungen den Verlust von Qualität und Kompetenz bedeuten“, sagt Dr. Annekatrin Wetzstein, Leiterin der Abteilung „Themenentwicklung und Praxistransfer“ beim Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG).

Fünf Tipps für den Wissenstransfer

  1. Aufgaben systematisch erfassen und aktuelle Projekte ordnen.
  2. Sämtliche Dokumente und Kontakte in die gleiche Systematik bringen.
  3. Ausführliches Gespräch mit der Nachfolgerin oder dem Nachfolger führen, am besten mit Tipps sowie Erfolgs- oder Misserfolgsgeschichten.
  4. Übergabezeit ­vorschlagen, in der neue und alte Verantwortliche die Aufgaben gemeinsam erledigen.
  5. Nachfolgende Person auf die aktuellen Seminare ihrer Unfallkasse zur Qualifizierung hinweisen.

Die Expertin unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Arten von Wissen, die sich Beschäftigte im Laufe ihres Berufslebens aneignen: explizites und implizites Wissen. Bei explizitem Wissen handele es sich um solches, das sich gut in Worte fassen und dokumentieren lasse, etwa wie bestimmte Arbeitsabläufe durchzuführen sind. Implizites Wissen wiederum entstehe durch persönliche Erfahrungen, die Beschäftigte über einen längeren Zeitraum machen. „Das kann man sich vorstellen wie beim Fahrradfahren“, so Wetzstein. „Man weiß irgendwann, wie es geht, kann es aber nur schwer erklären oder aufschreiben.“

Wissen in Datenbanken festhalten

Als weiteres Beispiel nennt die ­Expertin eine Fachkraft für Arbeitssicherheit: „Das explizite Wissen ­einer Fachkraft für Arbeitssicherheit ist in der Gefährdungsbeur­teilung, in Arbeitsanweisungen und Ähnlichem schriftlich niedergelegt. Persönliche Erfahrungen, die bei Sicherheitseinstellungen an Ma­schinen oder bei Unterweisungen in die Arbeit einfließen, gehören ­wiederum zum impliziten Teil des Wissens.“

Damit durch ausscheidende Beschäftigte keine Wissenslücken entstehen, gilt es, ebenjenes implizite Wissen in explizites umzuwandeln, so Wetzstein. „Dabei kann ein ­aktives Wissensmanagement helfen, etwa über moderierte digitale Datenbanken oder andere Tools, zu denen alle Beschäftigten Zugang ­haben.“ Auch persönliche Austauschformate, die im Unter­nehmen oder in der Behörde fest im­ple­mentiert sind, tragen dazu bei, ­Wissen effektiv weiterzugeben.

Eine Illustration von zwei Menschen, die gerade den Bürostuhl wechseln.
Durch vorgegebene Wechsel der Aufgabenbereiche (Job-Rotation) können Unternehmen fördern, dass mehr Beschäftigte über das gleiche Wissen verfügen. © raufeld

 

Die Expertin empfiehlt Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, für das fortlaufende Wissensmanagement neben digitalen Tools Maßnahmen wie Job-Rotation umzusetzen. Dabei wechseln die Beschäftigten im Unternehmen in vorgegebenen Intervallen zwischen verschiedenen Aufgabenbereichen, die ihren eigenen Aufgaben ähneln – beispielsweise innerhalb einer Abteilung. So können Beschäftigte neue Techniken erlernen und breiteres Wissen über das Zusammenspiel der verschiedenen Aufgabenbereiche erlangen. Das kann etwa bei der Einarbeitung neuer Beschäftigter hilfreich sein.

Klicktipp: So nehmen Führungskräfte Beschäftigte mit

Infos von Wissensmanager und Präventionsexperte Dr. Eike Windscheid, wie Führungskräfte Beschäftigte einbinden und ihre Bedenken ernst nehmen.

Moderierte Übergabe organisieren

Daneben können auch Praxisgruppen, die sich zu einem bestimmten, selbst gewählten Thema austauschen und gegenseitig unterstützen, zur Wissensweitergabe beitragen. Auch das regelmäßige Teilen von erfolgreichen Lösungsstrategien kann zu einem fruchtbaren ­Austausch beitragen. Die Lösungsstrategien können dabei in digitalen Datenbanken beschrieben werden. Oder sie werden bei Publikumsveranstaltungen oder in Diskussionsformaten im Kollegium mündlich vorgestellt. Insbesondere für Mitarbeitende, die in den Ruhestand wechseln, empfiehlt Wetzstein eine professionell moderierte Übergabe.

Impulse: Weitergabe von Wissen organisieren

Wissenskarten anlegen: Verzeichnisse, die transparent den Weg zur entsprechenden Wissensquelle darlegen. Spezifische Software hilft bei der Erstellung, Aktualisierung und Erweiterung der Karten.

Yellow Pages: ein Verzeichnis von Fachleuten eines Unternehmens oder einer Einrichtung. Es enthält Name, Kontaktdaten im Unter­nehmen und ein persönliches Profil der Beschäftigten mit Angaben zu Qualifikationen, Erfahrungen, Projekten. Yellow Pages eröffnen die Möglichkeit, das Wissen anderer im Unternehmen zielgenau für ein eigenes Projekt oder Problem abzufragen.

Wissenslandkarte: ein grafisches Verzeichnis, das auf die verschiedenen Wissensorte in der Organisation verweist. Der Nutzen von Wissenslandkarten liegt darin, dass sich ohne langes Suchen aufzeigen lässt, bei wem und in welcher Form Wissen zu finden ist. Dafür muss das Wissen der Beschäftigten zuvor bekannt sein, was eine hohe Teilnahme­bereitschaft im Unternehmen oder in der Einrichtung voraussetzt.

Klicktipp: Mehr Infos dazu in der Publikation: Beschäftigte wechseln den Betrieb – das Wissen bleibt! vom Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG).

Welche Formate zu der jeweiligen Arbeitsstelle passen, kann sehr ­individuell sein und muss häufig erst einmal ausprobiert werden, so Wetzstein. Wichtig sei aber, dass Arbeitgebende das Thema aktiv verfolgen – damit nicht jedes Mal, wenn langjährige Mitarbeitende gehen, eine Wissenslücke entsteht.