Gesundheitsschutz : Umgang mit Ängsten
Bei Naturkatastrophen, Pandemien und Kriegen verbreiten Medien unentwegt Neuigkeiten, Analysen, Bilder und Hilfeaufrufe. Das hinterlässt Spuren bei den Betrachtenden. Viele Menschen nehmen Verunsicherung, Ängste oder Wut an ihren Arbeitsplatz mit. Solch starke Emotionen können Folgen haben und etwa das Unfallrisiko beim Bedienen von Maschinen oder bei der Fahrt zum Betrieb steigern.
Führungskräfte sollten die emotionale Wucht solcher Ereignisse daher ernst nehmen. Dr. Marlen Cosmar ist Psychologin am Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in Dresden (IAG) mit Schwerpunkt u. a. im Bereich Prävention und Umgang mit psychischen Erkrankungen bei der Arbeit.
Inwiefern können negative Großereignisse wie Umweltkatastrophen, Pandemien oder ein Krieg, die bei Beschäftigten Ängste auslösen, sie bei ihrer Arbeit beeinträchtigen?
Wenn solche Ereignisse passieren und Beschäftigte sie sehr eng verfolgen, kann die Konzentration betroffen sein. In der Regel wird das in stärkerem Umfang aber nur bei jenen Beschäftigten der Fall sein, die persönlich involviert sind. Hier können sich auf dem Weg zur Arbeit oder gerade auch in sicherheitskritischen Bereichen im Einzelfall schon gefährliche Situationen ergeben. Bei Beschäftigten, die nicht selbst betroffen sind, dürfte das in der Regel kein Problem sein.
Bei solchen Katastrophen sind Beschäftigte öffentlicher Einrichtungen nicht selten doppelt betroffen: Aufgrund der persönlichen Nachrichtenlektüre bzw. im Austausch mit Familie und Freunden sowie konkret auf ihrer Arbeitsstelle. Welche Konsequenzen hat diese Mehrfachbelastung für die Belegschaft?
Wenn durch die Arbeit eine persönliche Betroffenheit gegeben ist und die Arbeitslast steigt, ist die psychische Beanspruchung oft deutlich höher. Hier können Ängste und Stress auftreten. Auch im ehrenamtlichen Bereich entstehen hier häufig Überforderungserscheinungen, das heißt beispielsweise, dass Betroffene schlecht abschalten können, ständig aktiviert sind, nicht schlafen können. Das kostet sehr viel Kraft und kann schnell zu Erschöpfungserscheinungen führen.
Sollten Führungskräfte Sorgen oder Ängste der Beschäftigten ansprechen? Auf welche Weise könnten sie das tun?
Ein offener Umgang mit Sorgen und Ängsten sollte auch in solch einem Kontext die Regel sein. Ein Gesprächsangebot an die Belegschaft signalisiert, dass Beschäftigte sich jederzeit an die Führungskräfte oder psychologische Ersthelfende wenden können. Die Beschäftigten können auch beteiligt werden, um Lösungen zu finden. Diese sind in der Regel besser als Entscheidungen, die nur von oben getroffen und umgesetzt werden.
Welche betrieblichen Angebote können Unternehmen und Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung ihren Beschäftigten für den Umgang mit solchen Situationen machen?
Wenn es eine direkte Betroffenheit gibt, können interne Fachleute wie die Sozialberatung, Betriebsärztinnen und -ärzte, der psychosoziale Dienst, oder auch psychologische Ersthelfende natürlich aktiv Angebote machen. Es ist dann auch denkbar, dass man externe Anbieter ins Boot holt. Gab es zum Beispiel einen schweren Unfall im Unternehmen, kann auch ein Kriseninterventionsteam zum Einsatz kommen.
Dafür können wiederum städtische Anbieter oder auch Anbieter der Wohlfahrtsverbände angefragt werden. Da der Unfall ohnehin umgehend dem zuständigen Unfallversicherungsträger gemeldet wird, kann auch hier Unterstützung angefragt werden.
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Wie können Führungskräfte Mitarbeitende aufbauen?
In der Regel sind Führungskräfte ja Menschen, die gewohnt sind, sich konstruktiv mit schwierigen Situationen auseinander zu setzen. Im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht sind sie die Ansprechpersonen für Probleme am Arbeitsplatz. Wenn die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist, sollten Beschäftigte den Kontakt zur Führungskraft suchen. Gemeinsam können dann Lösungen besprochen werden.
Die Führungskraft soll hier aber ausdrücklich nicht als psychologische Beraterin oder Berater auftreten. Natürlich kann eine Führungskraft aber schon den Hinweis mitgeben, dass ein verringerter Medienkonsum beziehungsweise eine Konzentration auf Nachrichten wie regionale Geschehnisse, hilfreich ist.
Wo sollten sich Führungskräfte außerhalb ihrer Einrichtung Unterstützung holen, wenn sie selbst aufgrund der doppelten Beanspruchung Hilfe brauchen?
Natürlich können Führungskräfte bei psychischen Krisen die gleichen Angebote nutzen wie Beschäftigte. Eventuell spielen hier auch Coachingangebote noch eine Rolle. Diese sind ja auch Fachleute im Umgang mit schwierigen betrieblichen Situationen. Ein Austausch mit anderen Führungskräften – gegebenenfalls auch aus anderen Unternehmen – kann ebenfalls sehr hilfreich sein.
Auch Führungskräfte müssen für sich persönlich einen guten Umgang mit solchen Ereignissen finden. Wie können sie hier vorgehen?
Grundsätzlich ist zu empfehlen, sich nicht übermäßig stark mit dem Ereignis zu beschäftigen, soweit man nicht persönlich betroffen ist oder tatsächlich substanziell dabei helfen kann, die Folgen zu mildern und Betroffenen zu helfen. Besser ist es zu überlegen, wie man vielleicht über eine Hilfsorganisation unterstützen kann. Ansonsten sollte der Konsum von Nachrichten zum Thema begrenzt werden, zum Beispiel auf die Abendnachrichten.