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Gesundheitsthemen mit BGM steuern
In Workshops und Befragungen lassen sich Beschäftigte in das Thema BGM einbinden. © Getty Images/ Portra

Gesundheitsschutz : Gesundheitsthemen mit BGM steuern

Die Stadt Gelsenkirchen bietet ihren Beschäftigten ein umfangreiches Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Davon profitieren auch Führungskräfte.

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Arbeitsmedizin, Sozialberatung, Betriebliches Eingliederungsmanagement – die Themenfelder, die mithilfe eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) gesteuert werden können und mit ihm verbunden sind, ist lang. Groß ist daher auch die Zahl der Mitwirkenden – in der Stadtverwaltung Gelsenkirchen waren alle Themenfelder des BGM zum Start 2013 in einer Abteilung verankert.

Gesundheitsmanagement als Querschnittsaufgabe

Mittlerweile geht die Stadt neue Wege. Durch die 2020 neu gegründete Abteilung Strategisches Personalmanagement sind Gesundheitsmanagement und Sozialberatung eng mit dem Personalmanagement verwoben. „Eine gewinnbringende Entwicklung, denn viele verbinden mit BGM immer noch lediglich Bewegungs-, Entspannungs- und Ernährungsangebote“, sagt Lorena Tomao, bis 2022 erste Gesundheitsmanagerin und nun Abteilungsleitung im strategischen Personalmanagement (HR) der Stadt Gelsenkirchen. Durch die Anbindung an die HR-Abteilung ist in der Ruhrgebietsstadt das BGM als Querschnittsinstrument verankert. „Drei Handlungsschwerpunkte haben wir ausgemacht: Kommunikation, Wertschätzung und Sicherheit“, so Tomao.

In Workshops, Befragungen und Seminaren wurde die Kommunikation oft als unzureichend bemängelt. Der hohe Anteil von Homeoffice und hybriden Besprechungen hat zudem die interne Kommunikation verändert. Darauf reagierte das BGM in Gelsenkirchen. „Wir hatten den Eindruck, dass der Zusammenhalt durch die vielen pandemiebedingten Lockdowns gelitten hat. Da war es uns im Personal- und Gesundheitsmanagement ein Anliegen, das Wir-Gefühl zu stärken“, sagt Tomao.

33 % der Beschäftigten

im öffentlichen Dienst empfinden das BGM-Angebot als unzureichend. Das betrifft vor allem die Kommunalebene.

Quelle: Bleibebarometer Öffentlicher Dienst 2021

Seit 2022 informiert zum Beispiel ein monatlicher Newsletter über neue Entwicklungen und neue Kolleginnen und Kollegen. Aber auch zusätzliche Veranstaltungsformate wie ein digitaler Adventskalender und sportliche Events sollen den Zusammenhalt stärken. „Im Dezember 2023 hatten wir unser erstes Winterfest. Im Rahmen des Festes gab es noch spezielle Events wie ein Eisstockschießen“, sagt Stefan Geitel, seit 2022 Gesundheitsmanager der Stadt Gelsenkirchen. Die Aktionen stießen auf große Resonanz.

Porträt von Stefan Geitel, Gesundheitsmanager der Stadt Gelsenkirchen. Er hat kurzrasiertes Haar, trägt Brille und angegrauten Dreitagebart.
Stefan Geitel ist seit 2022 Gesundheitsmanager der Stadt Gelsenkirchen und Ansprechperson für BGM-Fragen. © Stadt Gelsenkirchen

Seminare und andere BGM-Angebote für Führungskräfte

Dass die Stadtspitze das BGM von Beginn an unterstützt hat und weiter fördert, ist auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Beschäftigten. Doch auch Vorgesetzte erhielten Unterstützung. In einer großen Trainingsreihe „Führen auf Distanz“ wurden beispielsweise alle Führungskräfte noch während der Pandemie weitergebildet. Um langfristig und nachhaltig Führungskräfte zu unterstützen, werden regelmäßig Führungskräftetrainings angeboten.

Der Punkt Sicherheit betrifft vor allem Mitarbeitende im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern. Sie erleben auch in Gelsenkirchen immer wieder ­Beleidigungen, Drohungen und Nötigungen – mit negativen Folgen für ihre Gesundheit. „Wir haben daher eine Vollzeitstelle geschaffen, die das gesamte Thema abdeckt“, so Tomao. Die Bandbreite reicht dabei von Deeskalationstrainings über Erarbeitung von Handouts sowie Leitfäden bis zur Umsetzung von Hausverboten. Aber auch die präventive Beratung vor Ort oder nach Vorfällen gehört zum Aufgabenspektrum.

Im Aufbau befindet sich ein Workflow für Unfallanzeigen. Sie sollen nicht nur digitalisiert werden. Sind diese mit einem Übergriff verbunden, sollen Betroffenen automatisch Hilfsangebote angezeigt werden. Ebenfalls soll es möglich sein, Strafanzeigen und Hausverbote direkt anzustoßen.

Gut zu wissen: Definition eines BGM

  • Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) gewährleistet ein systematisches und nachhaltiges Vorgehen zum ­Erhalt und zur Verbesserung der Gesundheit bei der Arbeit
  • Es umfasst die Entwicklung und Gestaltung, Steuerung und Überwachung aller betrieblicher Rahmenbedingungen, Strukturen und ­Prozesse, die die Gesundheit bei der Arbeit beeinflussen.
  • Bei­spiele sind die Themen Ergonomie und Arbeitsplatzgestaltung, aber auch psychologische Unter­stützung bei Belastungen.
  • Im Rahmen eines BGM werden auch Beschäftigte und Führungskräfte zu einem gesund­heitsfördernden Verhalten angeregt.

Eine Frau mit weißem Shirt und Brille sitzt an einem Bildschirm und schaut kontentriert darauf, die Hände auf der Tastatur.
Online bekommen Beschäftigte der Stadt Gelsenkirchen bei Gesundheitsfragen jederzeit Hilfe. © Getty Images/ laflor, raufeld

Zusätzliche Beratungsangebote ergänzen BGM

Neben den drei großen Themen bedient das BGM auch seine klassischen Felder und entwickelt sie weiter. So zum Beispiel die psychosozialen Beratungsangebote. Das interne Employee Assistance Program (EAP) wurde 2023 um ein externes EAP ergänzt. „Mitarbeitende können jederzeit von überall auf die Internetplattform zugreifen und Unterstützung bekommen, z. B. in Gesundheits-, Führungs- und Konfliktfragen. Neben über 400 informativen Videos zu unterschiedlichen Themenfeldern bietet die Plattform auch die Möglichkeit, mit Psychologinnen und Psychologen per Videocall in Verbindung zu treten“, so Gesundheitsmanager Stefan Geitel.

Durch die Arbeit ausgelöste psychische Belastung ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Sie muss in der Gefährdungsbeurteilung erfasst werden, ist aber für Führungskräfte nicht immer leicht umzusetzen. „Im Rahmen des Gesundheitsmanagements können wir unterstützen, sei es durch Workshops oder Befragungen“, sagt Tomao. Mitarbeitende identifizieren nicht nur Ursachen psychischer Belastung, sondern haben in vielen Fällen auch gleich Lösungsvorschläge. „Manchmal wundern sich die Führungskräfte darüber, was für tolle Ergebnisse bei den Formaten herauskommen“, so Tomao. So etwa im Bürgerservice. Mitarbeitende hatten bei IT-Problemen ein Ticketsystem nutzen müssen, das mit längeren Wartezeiten für die Bürgerinnen und Bürger verbunden war und zu Beschwerden führte. Die Lösung: ein direkter Austausch mit der IT, um Probleme rasch zu lösen.

Checkliste: Einführung eines BGM vorbereiten

  1. Bestandsaufnahme: Analysieren Sie Probleme, Schwachstellen und Potenziale, bevor Sie mit konkreten Maßnahmen zur Gesundheitsförderung starten. So ermitteln Sie den Handlungsbedarf und können sich dann Schritt für Schritt in die gewünschte Richtung bewegen.
  2. Betriebliche Ursachen für Fehlzeiten ergründen: Ob chronische Erkrankungen, Rückenprobleme oder psychische Belastungen: Setzen Sie sich mit den zuständigen Krankenkassen in Verbindung, um Krankheitsschwerpunkte in Ihrem Betrieb zu ermitteln. Das hilft Ihnen, mit gezielten Maßnahmen des BGM die Gesundheit Ihrer Belegschaft
    zu fördern.
  3. Regelmäßige Befragungen: Führen Sie alle zwei Jahre eine anonyme und freiwillige Befragung bei den Beschäftigten durch und erfassen so die gesundheitliche Situation in der Belegschaft. Ihre Unfallkasse unterstützt Sie mit der Bereitstellung von Standardfragebögen, die Sie individualisieren können.
  4. Persönliche Daten: Gesundheitliche Daten unterliegen einem strengen Datenschutz. Gehen Sie deshalb sensibel vor und binden Sie frühzeitig Betriebs- oder Personalrat sowie Datenschutzbeauftragte ein, um sich regelkonform zu verhalten und abzusichern.
  5. Eine Steuergruppe etablieren: Vernetzen Sie Unternehmensbereiche und gründen Sie ein übergeordnetes Steuerungsteam für die erfolgreiche Einführung eines BGM. Seine Aufgabe ist es, das BGM zu planen, umzusetzen und zu überprüfen. Binden Sie Beteiligte aus Arbeitsschutz, Personal und Betriebsrat ein.
  6. Externe Expertise dazuholen: Nicht nur die interne Sicht ist hilfreich, sondern auch ein frischer Blick von außen. Holen Sie sich Fachleute ins Haus, die ihre Erfahrung einbringen.
  7. Beschäftigte frühzeitig informieren und einbeziehen: Wer seine Beschäftigten früh einbindet, verbessert die Akzeptanz von Maßnahmen und Entscheidungen. Das gilt auch für das BGM. Motivieren Sie Beschäftigte dazu, ihre Bedürfnisse zu äußern. Werben Sie für Gesundheitsangebote und schaffen Sie Möglichkeiten, dass Beschäftigte ihre Ideen einbringen können.

Klicktipp: In 7 Schritten zum BGM

Angebote zur Gesundheitsförderung wechseln je nach Nachfrage

Aber auch die klassische Gesundheitsförderung ist breit aufgestellt. Die drei großen Themen sind Bewegung, Entspannung und Ernährung. Bedient werden sie zum einen durch Sportgemeinschaften und Kooperationen mit Fitnessstudios. Zum anderen gibt es zu allen drei Themen Workshops oder Kursangebote. Auch weil rund 7.100 Beschäftigte für die Stadt Gelsenkirchen arbeiten, kann sie ein breites Spektrum bieten. „Zu den aktuellen Highlights gehören Bogenschießen, Wandern und Kurse für den Sportbootführerschein“, sagt Geitel. Das Angebot wechselt je nach Nachfrage, auch werden Wünsche von Beschäftigten aufgenommen.

Die Umstrukturierung und Anpassung in den vergangenen Jahren hat aus Sicht der Stadtverwaltung das BGM weiter vorangebracht. Die Kombination von Personal- und Gesundheitsmanagement unterstützt nicht nur die Beschäftigten, sondern kann auch bei der Gewinnung neuer Fachkräfte helfen. „Wir haben eine ganze Menge zu bieten“, meint Tomao. Und das ist ­etwas, das Bewerberinnen und Bewerber anspricht – nicht nur in Gelsenkirchen