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Dürfen Arbeitgebende Drogentests anordnen?
Es gilt als Eingriff in die Privatsphäre der Beschäftigten, nach ihrem Trinkverhalten oder Drogenkonsum zu fragen. Ein solche Frage ist meist unzulässig. © Getty Images/bluecinema

Recht : Dürfen Arbeitgebende Drogentests anordnen?

Unternehmen dürfen nicht einfach Drogentests in der Belegschaft durchführen. Wenn Beschäftigte sichtlich unter Einfluss von Drogen stehen, können sie aber handeln.

Die Diskussion um die Pläne zur Legalisierung von Cannabis ist in vollem Gange. Auch die Arbeitswelt treibt das Thema um, vor allem aus Sorge um die Sicherheit der Beschäftigten. Führungskräfte fragen sich: Was tun, wenn jemand unter Drogeneinfluss zur Arbeit kommt? Das Weisungsrecht kollidiert hier mit verschiedenen Grundrechten der Beschäftigten. Dieser Interessenkonflikt beeinflusst maßgeblich die Rechtsprechung zu Drogen im Arbeitsverhältnis.

Außerdem können legale wie illegale Suchtmittel die Arbeitsfähigkeit, Sicherheit und Gesundheit beeinträchtigen. Von Fragerecht bis Drogentest: Führungskräfte sollten wissen, welche Maßnahmen rechtlich erlaubt sind, wenn Beschäftigte sichtlich unter Drogeneinfluss stehen.

Frage nach Alkohol- und Drogengebrauch meist unzulässig

So gilt etwa die Anordnung von Drogentests als Verletzung der Privatsphäre und körperlichen Integrität. Unter anderem ist dies dadurch begründet, dass bei einem positiven Ergebnis nicht unterschieden werden kann, wann der Suchtmittelgebrauch stattfand. Die Lebensführung in der Freizeit ist jedoch Privatsache. Die Teilnahme an einem Drogentest ist freiwillig und Beschäftigte haben das Recht, derartige Tests zu verweigern.

Rechtsanwalt Dr. Jürgen Fleck sagt: „Ein Drogenscreening kann ausnahmsweise bei einer Eignungsuntersuchung zulässig sein, wenn es sich um Tätigkeiten im sicherheitsrelevanten Bereich mit hohem Schadensrisiko handelt.“ Das kann der Fall sein, wenn Beschäftigte an Maschinen arbeiten oder Fahrzeuge lenken. Es gilt als Eingriff in die Privatsphäre der Beschäftigten, nach ihrem Trinkverhalten oder Drogenkonsum zu fragen. Dr. Fleck betont: „Eine solche Frage ist sowohl bei der Einstellung als auch im laufenden Arbeitsverhältnis meist unzulässig.“

Selbst- und Fremdgefährdung ist auszuschließen

Aufgrund der Fürsorgepflicht müssen Führungskräfte gegen Selbst- und Fremdgefährdung durch Drogen am Arbeitsplatz vorgehen. Stellen Vorgesetzte fest, dass Beschäftigte ihre arbeits­vertraglichen Verpflichtungen nicht hinreichend erfüllen können oder sich und andere in Gefahr bringen, müssen sie im Sinne der Einrichtung handeln und entscheiden, ob die Person den Arbeitsplatz verlassen muss.

Liegt ein arbeitsunfähiger Zustand vor, ist dies empfehlenswert, da Vorgesetzte oder Arbeitgebende gegebenenfalls dafür haften müssen, wenn dann ein Unfall geschieht. Allerdings muss die Führungskraft Sorge tragen, dass die Person sicher nach Hause kommt, zum Beispiel, indem sie von einer Kollegin oder einem Familienmitglied nach Hause begleitet wird.

Interventionsleitfaden für Führungskräfte

Wenn Beschäftigte regelmäßig auffallen, sind Führungskräfte aufgefordert, Unterstützung anzubieten. Der folgende Stufenplan sieht fünf Gespräche vor. Führungskräfte führen sie mit Beschäftigten, bei denen es Hinweise auf riskanten Suchtmittelgebrauch gibt. Auf jede Intervention folgt nach einigen Wochen ein Rückmeldegespräch. Bei erneuter Vernachlässigung von Pflichten oder Störung am Arbeitsplatz folgt die nächste Stufe.

Stufe 1
Wer:
Führungskraft, betroffene Person
Was: Hinweis auf interne und externe Beratungsangebote
Sanktionen: keine

Stufe 2
Wer:
Führungskraft, BR-/PR*-Mitglied, Suchtbeauftragte/r, betroffene Person
Was: Empfehlung einer Suchtberatung, Beratung zu Hilfsmöglichkeiten
Sanktionen: schriftliche Meldung an Personalstelle

Stufe 3
Wer:
Führungskraft, BR-/PR*-Mitglied, Suchtbeauftragte/r, Personalstelle, betroffene Person
Was: Dringende Empfehlung einer Suchtberatung, Führungskraft nimmt an, dass eine Beratung und/oder Therapie durchgeführt wird
Sanktionen: Abmahnung (sofern Voraussetzung erfüllt)

Stufe 4
Wer:
Führungskraft, BR-/PR*-Mitglied, Suchtbeauftragte/r, Personalstelle, betroffene Person
Was: Dringende Empfehlung einer Suchtberatung, Führungskraft nimmt an, dass eine Beratung und/oder Therapie durchgeführt wird, Fallbegleitung auf Wunsch
Sanktionen: Abmahnung (sofern Voraussetzung erfüllt)

Stufe 5
Wer:
Führungskraft, BR-/PR*-Mitglied, Suchtbeauftragte/r, Personalstelle, betroffene Person
Was: Sofortige Empfehlung einer Therapie, sonst Beendigung des  Arbeitsverhältnisses, gegebenenfalls Angebot der Wiedereinstellung nach einer Therapie, gegebenenfalls BEM
Sanktionen: Kündigungs- bzw. Disziplinarverfahren

*BR = Betriebsrat, PR = Personalrat. Betroffene Person muss der Teilnahme von BR-/PR-Mitglied zustimmen, bei schwerbehinderten Personen ist die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen.

Klicktipp: Mehr über den Stufenplan auf Sucht am Arbeitsplatz