Führungskultur : Bedrohungsmanagement: Gewaltrisiken früh erkennen
Durch Schulungen im Bedrohungsmanagement können Gewalterfahrungen am Arbeitsplatz verhindert werden. Denn fundiertes Wissen über Risikofaktoren und Warnsignale schützt und lehrt, Situationen einschätzen zu können. Netzwerke unterstützen zusätzlich beim Umgang mit potenziell bedrohlichen Situationen. Die Expertinnen und Autorinnen des Buches „Gewaltprävention durch Bedrohungsmanagement“ sehen Führungskräfte in einer wegweisenden Position.
Frau Zitzmann, Frau Huber, was ist Bedrohungsmanagement?
Huber: Bedrohungsmanagement ist ein Konzept zur Vermeidung schwerer, zielgerichteter Gewalttaten. Anhand wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse zu solchen Taten werden Risikolagen bewertet und entsprechende Maßnahmen ergriffen, um Gewalt zu verhindern, die sich durch das Handeln von Personen bereits ankündigt.
Zitzmann: Viele große Konzerne haben ein Bedrohungsmanagement als internes Gewaltpräventionskonzept etabliert. Mit festen Ansprechpersonen, die im Erkennen von Risikofaktoren geschult sind und die interdisziplinär und abteilungsübergreifend zusammenarbeiten, um auf Gefahrensituationen reagieren zu können.
Bedrohungsmanagement bei Kundenkontakt oder Publikumsverkehr
Warum ist das besonders in der öffentlichen Verwaltung ratsam?
Huber: Tätigkeiten mit viel Kundenkontakt oder Publikumsverkehr sind verstärkt anfällig für Gewalterfahrungen. Das trifft im öffentlichen Dienst häufig zu: in Jobcentern, beim Studierendenservice an Hochschulen, der psychosozialen Versorgung, der Polizei.
Zitzmann: Bloß hat nicht jede Einrichtung die Ressourcen, ein eigenes Bedrohungsmanagement aufzubauen. Regionale Netzwerke, die sich intensiv mit Gewaltprävention auseinandersetzen, können dann untereinander Wissen und Unterstützung vermitteln.
Gewappnet gegen Gewalt und Aggression
Die Stadt Aachen hat ein umfangreiches ...
Sie sind beide im Netzwerk „Bedrohungsmanagement Mittelfranken“ aktiv. Wie hilft es Unternehmen?
Huber: Jugendämter, Psychiaterinnen und Psychiater, Sicherheitsbehörden, Frauenberatungen oder große regionale Arbeitgeber – die Mitglieder des Netzwerks sind vielfältig. Alle haben interne Ansprechpersonen gewählt, die oftmals aus Bereichen mit erhöhtem Gewaltrisiko kommen oder eine Risikotätigkeit ausüben. Über das Netzwerk werden sie im Bedrohungsmanagement geschult.
Zitzmann: So herrscht in allen Unternehmen das gleiche Verständnis über Risikofaktoren oder Warnverhalten, und sie können bedrohliche Situationen einschätzen und entscheiden, ob sie diese intern bearbeiten oder die Polizei eingeschaltet werden muss. Handelt es sich um eine ungewisse Situation, die nicht allein bewältigt, aber auch noch nicht strafrechtlich verfolgt werden kann, greift das Netzwerk mit den Partnereinrichtungen und deren Expertise aus diversen Bereichen.
Klicktipp
Die gesetzliche Unfallversicherung macht Angebote zur Gewaltprävention – zum Beispiel im Zuge der Kampagne #GewaltAngehen der DGUV.
Führungskräfte motivieren und sensibilisieren das Team
Welche Rolle spielen Führungskräfte beim Bedrohungsmanagement?
Zitzmann: Führungskräfte sind unabdingbar, um für das Thema zu sensibilisieren. Sie sollten in ihren Teams eine offene Meldekultur etablieren und aktiv zum Aufbau eines Bedrohungsmanagement-Teams motivieren.
Huber: Die Beauftragung dazu liegt dann bei der Unternehmensführung. Sie muss die Relevanz ebenfalls kennen und sollte darin geschult sein, dass Gewalt am Arbeitsplatz sehr divers sein kann. Dass etwa auch Negativfixierungen wie Stalking oder psychische Gewalt Risikofaktoren sind.