Führungskultur : Inklusion fördern mit Netzwerken und Austausch
Astrid Westermann war Gesamtschwerbehindertenbeauftragte, Leiterin Personalentwicklung, ist Initiatiorin des Arbeitskreises Chancengleichheit und Diversity sowie des Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei der Axel Springer SE. Dort ist auch Birgit Raab, ebenfalls Gesamtschwerbehindertenbeauftragte bei Springer, Mitglied. Beide wissen um den ausbaufähigen Status von Inklusion in Unternehmen – und wo von Führungskräften mehr Engagement benötigt wird. Für ihr Buch „Arbeitswelt. Inklusion. Inspiration.“ sprachen sie mit Expertinnen und Experten, die sich für Inklusion starkmachen.
Wie können Führungskräfte für Inklusion sensibilisieren?
Astrid Westermann: Wichtig ist immer, Inklusion nicht als Lippenbekenntnis in die Unternehmensleitlinien zu setzen, sondern vorzuleben. Führungskräfte sind zwar für die Unternehmensstrategie und deren Umsetzung verantwortlich, sollten aber auch und besonders emotionale Intelligenz aufweisen und die Unterschiede zwischen Empathie und Mitgefühl kennen und leben. Auch das ist zeitgemäße Führungskultur. Empathie und Mitgefühl lassen sich nachweislich trainieren.
Birgit Raab: Inklusion braucht Kommunikation, Austausch und Netzwerke. Unternehmen helfen sich gegenseitig, wenn sie Erfahrungen und BestPractice-Modelle untereinander teilen. Eine Möglichkeit ist etwa das „UnternehmensForum“. Dieser bundesweite, branchenübergreifende Zusammenschluss von Unternehmen unterstützt durch praxisnahen Austausch und Wissenstransfer dabei, dass mehr Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung erhalten. Es gibt Fachveranstaltungen in Präsenz und Online-Themencalls, die tolle Einblicke liefern.
Wo finden sich weitere gute Beispiele und Inspiration?
Raab: Das „Inklusive Expert*innen Netzwerk (iXNet)“ setzt sich etwa dafür ein, behinderten Akademikerinnen und Akademikern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Auch Arbeitgebende finden hier viele Informationen. Oder das Projekt „Vorbildlich in Führung gehen“, das gezielt Führungskräfte mit Behinderung ermutigt, sich zu zeigen. Aber Führungskräfte müssen auch intern im Unternehmen für Austauschmöglichkeiten sorgen.
Worauf sollten sie dabei achten?
Raab: Wieder: Auf Netzwerke – und darauf, sich selbst zu beteiligen. Etwa können sich nicht nur Beschäftigte mit Behinderung an die Schwerbehindertenvertretung wenden. Auch Führungskräfte sollten aktiv den Kontakt suchen, ihre aufklärende und beratende Funktion in Anspruch nehmen, Präsenz zeigen, sich austauschen.
Westermann: Führungskräfte müssen nachfragen, zuhören und bereit für mögliche Veränderungen sein. Für faktisches Wissen und Bewusstseinsförderung helfen Schulungen und Lernangebote. Diese sollten sie auch ihren Mitarbeitenden ermöglichen.
Warum ist ein stärkeres Inklusionsbewusstsein so wichtig?
Raab: Um das Vorurteil abzubauen, behinderte Mitarbeitende seien weniger leistungsstark.
Westermann: Damit auch Menschen mit einer unsichtbaren Behinderung nicht das Gefühl haben, etwas kompensieren oder verstecken zu müssen. Wir brauchen eine Atmosphäre, in der Menschen sich zeigen können.